Ich habe im Laufe der vergangenen Saison mehrfach getwittert, dass ich nicht unbedingt der sein wollte, der den Mail-Account des KSV-Vorstandes bedienen muss, wenn sich der Verein wieder einmal bis auf die Knochen blamiert hatte. Überliefert ist, dass Möchtegern-Gönner Kühne mehr als einmal weit nach Mitternacht Mails aus Schindeleggi Richtung Volkspark gefeuert hat, in denen er unmittelbare Konsequenzen für Trainer, Spieler und Verantwortliche forderte und bekannt ist ebenfalls, welche Konsequenzen solche Forderungen im Normalfall hatten. Denn eigentlich kann man sagen, dass so wie keiner eine Zukunft im Verein hatte, über den der Logistiker den Stab gebrochen hatte. Wen Kühne nicht mehr wollte, den wollte der KSV nicht mehr. Doch wie kann es eigentlich dazu kommen, wenn dem Mann doch nur knapp über 20% der AG-Anteile gehören? Ganz einfach….

Nach dem Rückzug der Herren Köttgen und Schulz im Verlauf der Hoffmann-Demission besteht der Aufsichtsrat, welcher den Vorstand bestellt, ernennt und entlässt, noch aus fünf Gestalten, von denen Kühne mindestens 4 unter Kontrolle hat, allen voran den lustigen e.V.-Präsidenten (ich muss immer noch lachen, wenn ich das schreibe) Marcell Jansen. Das bedeutet, dass Kühne das Kontrollgremium und damit die AG beherrscht. Nichts, was Kühne nicht will, wird bei der KSV Fußball AG passieren, andersrum gesagt: Wenn Kühne etwas möchte, passiert es auch. Der Einzige, der etwas dagegen unternehmen könnte, ist der e.V. mit seinen 75,1% Anteilen, aber leider wird auch der e.V. von einem Kühne-Mann (Jansen) geführt, also Pustekuchen. Selbstverständlich wird dieser Umstand bei jeder sich bietenden Gelegenheit heruntergespielt, aber es ist Tatsache, das es so ist. 

Diese Fern-Kontrolle aus der Schweiz, durchgeführt durch einen launischen, ahnungslosen, leicht beeinflußbaren alten Mann hat zu dem Verein geführt, den wir heute sehen. Kein Spieler wird geholt, wenn Kühne (oder Kühnes Schattenmänner wie Struth, Calmund und Co.) es nicht will. Kein Trainer überlebt die nächste Woche, wenn Kühne ihn nicht mehr sehen will. Wenn Kühne morgen aufwacht und entscheidet, dass er ein Vorstandsmitglied nicht mehr ertragen kann, ist der Mann Geschichte. Apropos Vorstand – auch hier sitzt mit Wettstein ein Underperformer, der seine Existenz einzig und allein der Nähe zu Kühne verdankt. Boldt wird z.Zt. noch akzeptiert, die Frage ist, wie lange noch. Ich versuche es noch an einem anderen Beispiel zu erklären, dem Verkauf der AG-Anteile. Kurz vor der Ausgliederung hatte der damalige Vorstand des KSV den Wert des Vereins auf ca. € 400 Mio. bewerten lassen, also hätte man für 10% der Anteile € 40 Mio. zahlen müssen. Kühne, der Gönner mit den ca. € 15 Milliarden, fand das zu viel. Er selbst bezifferte den Wert des Vereins auf lediglich € 250 Mio., also müsste er für 10% AG-Anteile „nur“ € 25 Mio. bezahlen. Nun hätte man als Verein sagen können: „Dann halt nicht, Gönner“, aber das passierte nicht. Denn mit wem musste Kühne über den Kauf der Anteile verhandeln? Mit Karl Gernandt, welcher zu dem Zeitpunkt Aufsichtsratsvorsitzender und zufällig leitender Angestellter bei Kühne war, was für ein Treppenwitz. Heute ist das nicht anders, Kühne müsste mit seinem Günstling Jansen verhandeln. 

Nun wird aber von einigen Medien kolportiert, dass Kühne pöse ist. Er will nicht mehr für den Namen Volksparkstadion bezahlen und er überlegt, seine Anteile komplett abzustoßen. Hach, sagt man dann im Volkspark, jetzt geht das wieder los. Und tatsächlich ist es so, dass Kühne all das schon mehrfach artikuliert hatte, um sich dann anschließend doch wieder einfangen zu lassen. Es könnte natürlich auch sein, dass Kühne nur mal wieder mit dem Säbel rasselt, um seine Macht zu demonstrieren und seine zukünftigen Forderungen zu untermauern. Es könnte aber auch sein, dass er es diesmal ernstmeint. Es könnte auch sein…

Und genau dieses „es könnte auch sein..“ ist das große Problem, welches es dem KSV unmöglich macht, mittel- und langfristig erfolgreich zu sein. Man kann nicht von einem „Gönner“ oder Partner derart abhängig sein, dessen Äußerungen und Handlungen komplett unberechenbar sind. Heute hü, morgen hott. Wonach soll man sich richten, welche Strategie soll man angesichts dieser Wankelmütigkeit entwickeln, wenn Klau-Mi wie ein launischer Nero ganz nach Tagesform den Daumen hebt oder senkt? Was aber würde passieren, wenn Kühne diesmal durchzieht? Zuerst einmal ist das alles so einfach nicht, denn der Mann hält sogenannte vinkulierte Namensaktien. Das bedeutet, im Falle eines Verkaufs müsste der Verein zustimmen und könnte zur Not einen Verkauf verhindern. Nächste Frage: Wer sollte die Aktien denn kaufen wollen? Kühne hat seine AG-Anteile erstanden, als der KSV noch Bundesligist war, seither hat sowohl der Verein wie auch die Anteile massiv an Wert verloren, Kühne müsste also mit heftigem Verlust verkaufen und dafür ist er nicht bekannt. Sollte es aber dennoch passieren, steht so gut wie jede Personalie, die von Kühne ernannt wurde bzw. abhängig ist, auf der Kippe. Nahezu der komplette Aufsichtsrat, Wettstein, Jansen, eigentlich der gesamte Verein. Und dies in einer Zeit, in der sich die Zukunft des KSV fragiler als je zuvor gestaltet. 

Als Anhänger, Fan oder sogar Mitglied hat man demnach die Wahl zwischen Pest und Cholera. Macht Kühne weiter, macht die Führungscrew von Kühnes Gnaden weiter, wird man auch zukünftig von den Launen und Forderungen des Mannes abhängig sein und wohin das geführt hat, können wir alle sehen. Haut Kühne „in Sack“, versinkt der Verein im Chaos, denn welcher Visionär mit Kompetenz möchte sich an dieser abgewrackten Vereinsleiche die Finger verbrennen? In der zweiten Liga? Ohne Mannschaft mit Perspektive? Mit knapp € 100 Mio. Verbindlichkeiten? Während der Corona-Krise? Ohne Sponsoren? 

Ich jedenfalls nicht. 

Übrigens: Wir sind immer noch Nr. 1 🙂

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