Okay, nun wird es offenbar doch nicht der Ex-KSVer Grammozis, sondern Daniel Moustapha Thioune. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Coach Thioune alles Gute wünschen, er wird es brauchen. Dennoch – mein Wünsche für den neuen Trainer sind aufrichtig gemeint, so wie sie bei all seinen Vorgängern ebenfalls aufrichtig waren. Aber ich wäre nicht ich, wenn mir nicht auf der Stelle diverse Gedanken durch den Kopf jagen würden und dieser Blog ist nun mal das Transportmittel für diese Gedanken. Hinzu kommt, dass ich es wichtig finde, das Gehirn einzuschalten, bevor man wieder in das HSV-übliche Gejubel einstimmt, ohne auch nur die gerinste Hintergrundinformation zu besitzen. Eines vorweg: Ich kenne Herrn Thioune nicht. Ich weiß, dass er den VfL Osnabrück trainiert hat, aber wie der VfL unter ihm gespielt hat – kein Ahnung. Ich habe mich noch nie für die Osnabrücker interessiert und habe auch nicht vor, das zu ändern. 

Nichtsdestotrotz kann man wieder die ersten dünn angerührten Fanatiker beobachten, die diesen Deal abfeiern, aber es sind halt die Gleichen, die auch die Verpflichtungen von Fink, Slomka, Gisdol, Wolf, Hecking und Möhlmann abgefeiert haben und sie wissen selbst nicht mal, warum sie das tun. Meine Theorie besagt, dass man als HSV-Fanatiker in der Lage sein muss, die Realität komplett zu verdrängen und die Logik vollumfänglich zu ignorieren, andernfalls würde man wahnsinnig werden. Nun also Sprüche wie „Thioune kann junge Spieler entwickeln“. Okay, woran macht man das fest? Haben all diejenigen, die dies nun im Brustton der Überzeugung behaupten, den VfL Osnabrück die letzten 5 Jahren Woche für Woche verfolgt oder haben sie doch nur Mopo und Abendblatt gelesen und wollen nun glauben, was dort steht. Weiter im Text. „Thioune ist mit Osnabrück aufgestiegen“. Wow. Was gilt die Wette, dass auch die Trainer Fink, Wolf, Hecking, Slomka, Oenning, Gisdol und Hollerbach irgendwann mit irgendeinem Team aufgestiegen sind. Was ich damit meine: Wie wäre es zur Abwechslung einmal mit ein wenig hanseatischem Understatement? Warum ist dieser KSV eigentlich so unendlich wenig hamburgisch? Ich bin in dieser Stadt geboren und für mich als Hamburger gilt: Die Begrüßung heißt „Moin“ und nicht „Moin moin“. Für einen Hamburger ist jemand, der „Moin moin“ sagt, wahlweise ein Labersack oder ein Touri. Komischerweise gilt für den Verein das alles nicht. 

9 Tage ist jetzt her, dass der KSV wieder einmal den Aufstieg in die Bundesliga auf lächerlichste und peinlichste Art und Weise verspielt hat und sie haben schon wieder alles vergessen. Es ist der absolute Wahnsinn. Vergessen hat übrigens auch scheinbar der Verein selbst, denn vorgestern erklärte man noch, man müssen jetzt sparen bis aufs Messer und einen Tag später meint man wieder den FC Bayern der zweiten Liga markieren zu können, wenn man nämlich einem Konkurrenten den Trainer für € 300.000 abkaufen muss. Warum nur? Aber ist es nicht eigentlich auch mittlerweile egal? Ist es nicht eigentlich auch egal, wer da auf der Bank Platz nimmt? Dieser Verein frisst Seelen. Er frisst Spieler-Karrieren und er frisst Trainer. Meine Befürchtung ist, dass er auch Daniel Moustapha Thioune fressen wird. 

„Wir wollen einzelne Spieler und damit unser Team als Ganzes entwickeln. Wir haben mit Daniel Thioune einen Trainer geholt, der in Osnabrück mit überschaubaren Mitteln eine Mannschaft stetig weiter entwickelt hat. Er passt zu unserer den etwas veränderten Möglichkeiten angepassten Ausrichtung. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm und haben von der ersten Kontaktaufnahme an gespürt, dass Daniel für diese Herausforderung brennt“, sagt Sportvorstand Jonas Boldt. 

Bla bla bla. Manchmal fragt man sich, ob die Verein für solche Situationen seit Jahren vorgefertigte Textmatritzen zur Hand haben, in denen nur noch der Name des jeweilig neuen Mitarbeiters eingefügt werden muss. „Der Mann hat Qualifikation X und wir freuen uns….“. Und natürlich brennt der neue Mitarbeiter für seine neue Aufgabe und bla bla bla. Zum Glück hat Thioune (bis jetzt) auf die Floskel mit dem großen Verein verzichtet, das ist ja schon mal was. 

Ein paar Zitate für die die es brauchen…

Boldt:

 über…

… die Verpflichtung von Daniel Thioune: Ich freue mich sehr, dass wir Daniel Thioune als neuen Cheftrainer beim HSV begrüßen dürfen. In der jüngeren Vergangenheit wurde immer deutlicher, dass wir unseren Kurs anpassen müssen. Deswegen wollten wir den Schwerpunkt vermehrt auf die Entwicklung legen

… die anstehende Kaderplanung: Die Rahmenbedingungen haben sich aus verschiedensten Gründen verändert, darum müssen wir unseren Kurs anpassen. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten sind nicht besser geworden, daher gilt es jetzt, andere und vor allem kreative Lösungen zu finden. Daran arbeiten wir intensiv im Hintergrund und in Absprache mit dem neuen Trainer. Zu Saisonbeginn werden wir eine hungrige und schlagkräftige Mannschaft auf dem Platz stehen haben.

Thioune:

„Für mich ist die Aufgabe beim HSV eine große Herausforderung, die ich mit viel Fleiß, Teamwork und Herz angehen möchte.“

„Dass der HSV zurück in die Bundesliga möchte, weiß jeder. Aber davon zu reden, bringt uns den Zielen nicht näher. Ich werde vom ersten Tag an mit meinem Team hart daran arbeiten, dass sich alle Spieler weiterentwickeln und wir erfolgreich Fußball spielen.“ 

Und ab jetzt nimmt der Hamburger Irrsinn erneut seinen Lauf. Dann all die enttäuschten Volkspark-Salafisten, die dem Verein noch vor drei Tagen den Weg in die Hölle prophezeiten, drehen ab sofort wieder komplett am Rad. Plötzlich ist jeder dahergelaufene Vollpfosten ein ausgewiesener Thioune-Experte, jeder dritte kommt eigentlich aus Osnabrück und im Grunde ist der Aufstieg nur eine Frage der Zeit. Wohl gemerkt: Der Coach hat noch nicht eine Trainingseinheit absolviert, er weiß noch nicht mal im Ansatz, wie sein Kader für die nächste Saison aussieht, aber weil er sich in 16 Minuten virtueller PK nur selten versprochen hat, kann er übers Wasser gehen. Wie unendlich hohl kann man eigentlich sein? Und wie in jedem Jahr ist man selbstverständlich Schwarzseher, Dauerpessimist, Hater, Pester, Bremer oder St. Paulianer, wenn man darum bittet, doch erst einmal abzuwarten. Mit jedem weiteren Jahr verfestigt sich meine Überzeugung: KSV-Fans sind tatsächlich die mit Abstand dümmste Spezies auf diesem Planeten. 

Und die Abteilung Hofbericht? 

Warum Thioune für den KSV ein Glücksfall ist (Sport 1)

Thioune passt zum neuen Weg (Kicker)

So will Thioune den KSV wieder strahlen lassen (Mopo)

Hoffnungsträger – der neue KSV-Trainer Thioune (Abendblatt)

Wie es sich wohl anfühlen muss, wenn man sich jedes Jahr im Kreis dreht und einfach nicht dazulernen möchte?

P.s. Glückwunsch nach Bremen zum erfolgreichen Klassenerhalt.