Denken wir doch einfach zurück oder teleportieren wir uns ins Jahr 2017. Das Gute ist: Das Ganze ist gerade einmal drei Jahre her. Drei Jahre. Am letzten Spieltag besiegte der KSV in der Bundesliga den VfL Wolfsburg zuhause mit 2:1 und beendete die Tabelle auf Platz 14 mit 38 Punkten. Eigentlich war man immer davon ausgegangen, dass ein Verein mindestens 40 Punkte in einer Saison brauchte, aber diese Statistik hatte ausgerechnet der damals noch existente Dino aus Hamburg drei Jahre zuvor außer Kraft gesetzt, als man mit 27!!!! Punkten aus 34 Spielen die Relegation erreichte und den Abstieg unverdientermaßen verhinderte. Aber zurück ins Jahr 2017. Am letzten Spieltag standen Spieler wie Waldschmidt, Kostic, Holtby, Sakai, Ekdal, Wood, Müller, Papadopoulos, Mavraj in der Startaufstellung, allesamt A-Nationalspieler. Drei Jahre. 

Drei Jahre später steht dieser Verein mehr denn je am Abgrund, denn wenn man viel Glück hat, bekommt man mit Tim Leibold einen Spieler verkauft, der eventuell € 2,5 Mio. einbringen kann, also ungefähr das Gehalt von Bobby Wood in der zweiten Liga. Das war’s dann. Spieler wie besagten Wood oder Mr. Bates von der Insel würde man am liebsten verschenken, man würde wohl sogar eine Abfindung hinterherschicken, wenn man sie sich denn leisten könnte. Kann man aber nicht, man ist blank, so blank wie noch nie. Doch anstatt das einfach mal zuzugeben, einzuräumen, dass man auch durch Corona in schwieriges Fahrwasser geraten ist, wird in bekannter KSV-Manier das nächste Märchen erfunden. „Ach, es sind diverse Bundesliga-Klubs und Vereine aus der zweiten Liga akut gefährdet, aber doch nicht der KSV!“ Natürlich nicht, wie auch? Wie sollte ein Verein, der in weniger als 6 Jahren mehr als € 100 Mio. Fremdkapital verbrannt hat, der systematisch den Mannschaftswert abgewirtschaftet hat, der jedes Jahr Abfindungen bezahlt, der aktuell weder Stadion- noch Trikotsponsor hat, wie sollte dieser Verein in Schwierigkeiten geraten? 

Der HSV ist nahezu gezwungen, sich mittelfristig von Herrn Kühne unabhängig zu machen, wenn dies überhaupt noch machbar ist. Macht er das nicht, kann er sich einen Vorstand, einen
Sportchef, wahrscheinlich sogar eine Nachwuchsarbeit sparen.
Dann würden ein Gernandt im Aufsichtsrat und ein unumstößlicher Hilke im Vorstand reichen, die Entscheidungen fallen ohnehin im fernen Schindellegi (Quelle: Alles andere ist Propaganda, Seite 155. Zitiert wurde aus einem Blog, den ich 2014!!! schrieb)

Wir befinden uns geradewegs Richtung eines der größten Probleme dieses Vereins: Der fehlenden Wahrheit. Was wäre denn schlimm gewesen, wenn man im Bewußtsein zweier Fan-Anleihen zugegeben hätte, dass es schwierig ist? Nichts, aber das widerspricht dem Selbstverständnis der Herren, welche sich im Laufe der Zeit so sehr an ihre eigenen Märchen gewöhnt haben, dass sie die Fabeln, die sie erfinden, irgendwann selbst glauben. Drei Jahre. Vergleicht man die Namen (nicht die Leistungen) von vor drei Jahren mit dem Team von heute, kann man nur mit dem Kopf auf die Tischkante prügeln. Heuer Fernandes, van Drongelen,Vagnoman, Gjasula, Ambrosius, Kinsombi, Wintzheimer, Narey, Kwarteng. Diese Spieler hätten vor drei Jahren beim gleichen Verein in der zweiten Mannschaft gespielt (leicht übertrieben), heute sollen sie Leistungsträger sein und den KSV in die Bundesliga zurückführen. Und wenn die nicht reichen, was dann? Dann bleibt inzwischen nichts mehr anderes übrig, als sich mit 30-jährigen Gjasulas und 31-jährigen, ablösefreien „Top-Torjägern“ vom Absteiger Wehen Wiesbaden oder Leihspieler aus der 3. Reihe zu „verstärken“, das ist die Realität beim KSV 2020. 

Damit aber nicht genug, denn bekanntlich sucht man verzweifelt einen Stadion- und einen Trikotsponsor, nur womit will man die denn locken? Mit der Aussicht auf bestenfalls Mittelfeld-Gedaddel und im schlechtesten Fall mit Abstiegskampf? Mit einem über den Köpfen schwebenden Skandal um Herrn Jatta/Daffeh? Mit Spielern wie Ambrosius, Hunt oder Mickel? Nahezu jedes Unternehmen hat mitten in einer weltweiten Epedemie massive eigene Probleme, warum sollte man sich die Probleme des KSV auch noch ins Haus holen? Was folgt ist eine Abwärtsspirale, die sich von Woche zu Woche schneller dreht, der Fahrstuhl fliegt nach unten. Ohne Sponsoren, keine neuen Spieler. Ohne neue attraktive Spieler, keine Sponsoren. Der Kreis schließt sich und es gibt kein Entkommen mehr. Das einzig „Positive“ in dieser Situation ist das Verhalten der hiesigen Presse, die all diese Fakten weder zur Kenntnis nimmt noch erwähnt. Man schwimmt einfach im seichten Wasser mit und schaut zu, wie der Kahn absäuft. Oder man erfreut sich weiterhin daran, Politik zu betreiben. Die gestrige Aktion mit einem Podcast, der einen sprachlos macht, ist der vorläufige Höhepunkt in einer Sommerpause, in der es so gut wie nichts Interessantes zu berichten gibt, wo man immer noch zu feige ist, ein Buch zu erwähnen, in dem die eigenen Praktiken enttarnt werden. 

„Mir ist im Grunde genommen völlig egal, was bei irgendwelchen Ermittlungen herauskommt. Jatta ist jetzt einer von uns. Wir sind solidarisch. Jeder Kleingartenrassist hat zu Jatta eine Meinung und äußert diese auch.“ (Simon Phlipps)

Mögen diese Aussagen auch noch so fassungslos machen, so passen sie im Grunde perfekt zu diesem Verein. Die Wahrheit spielt keine Rolle mehr, die Realität wird durchgängig verdrängt, es wird sich eine andere Parallel-Realität ausgedacht. Eine Realität, in der grundsätzlich andere Schuld haben, in der man als KSV von dunklen Mächten verfolgt wird und das arme Opfer gibt. Ehrlich? Ich freue mich bereits jetzt auf jede Niederlage in der nächsten Zweitliga-Saison. Der dritten.

Nach Abendblatt-Informationen geht es dem HSV-Profi momentan tatsächlich sehr schlecht. Nach der Hausdurchsuchung am 2. Juli flüchtete der Gambier zunächst zu seinem Berater Efe Aktas nach Bremen. Als er zurück in seine Uhlenhorster Wohnung wollte, sollen binnen weniger Minuten erneut Reporter vor seinem Haus gewesen sein, weswegen er ein zweites Mal das Weite suchte. Doch mehr als Fotografen vor seiner Wohnung macht dem Flügelstürmer des HSV die Ungewissheit zu schaffen.  (Quelle: Abendblatt.de)

Ich stelle dazu einmal eine Verständnisfrage. Mal angenommen, die Gruppe „Besorgter Bürger“ formuliert gegen mich eine Anzeige wegen Drogenhandels. Daraufhin steht bei mir die Polizei vor der Tür, durchsucht meine Wohnung und beschlagnahmt mein Handy. Würde ich mich dann „schlecht fühlen“? Nein, würde ich nicht. Weil ich in meinem ganzen Leben noch nicht mit Drogen gehandelt und nicht vor habe, dies zu ändern. Insofern könnten die Herren von der Kripo gern reinkommen, gern auch mit Spürhunden und mein Handy untersuchen. Schlecht fühlen würde ich mich nur dann, wenn ich etwas zu verbergen habe und nicht möchte, dass mir mein weinerlicher Instagram-Post um die Ohren fliegt. 

„Mir persönlich ist völlig egal, ob Jatta 17, 18 oder 35 Jahre alt war, als er eingereist ist. Er hat eine schwierige Flucht hinter sich und hat wahrscheinlich ziemlich viele schlimme Dinge erlebt. Er ist dann hier angekommen – und hat hier in Hamburg eine neue Heimat gefunden.“

Ist ja toll, Herr Philipps, dass ihnen das völlig egal ist, mir ist es nicht egal, ob jemand eine Straftat begeht. Denn ich werde zur Verantwortung gezogen, wenn ich zu schnell fahre, meine Steuern nicht bezahle oder jemandem ins Gesicht schlage. Ob sie nun das Rührstück vom Flüchtling glauben, der wochenlang durch Wüste gestolpert und anschließend durchs Mittelmeer geschwommen ist, bleibt ihnen überlassen, immerhin versehen sie ihre Vermutungen ja auch mit dem Hinweis „wahrscheinlich“. Allerdings wissen wir doch alle, was passieren wird, sollte sich die Jatta/Daffeh-Geschichte als riesige PR-Ente erweisen, oder? Leute wie sie werden dann erklären, dass ihnen auch das egal ist, denn immerhin bezahlt Bakery ja hier seine Steuern. Und würde er Steuern hinterziehen, würden sie erwidern, dass Andere das auch tun. Bloß nicht zugeben, dass man in die Tonne gegriffen hat. Für mich ist das ekelhaftes Geheuchel. 

Der Umstand, dass das Hamburger Abendblatt diesem Geheuchel jedesmal wieder Raum gibt, spricht für sich.