Das haben offenbar die (noch) Verantwortlichen beim erfolgreichen Zweitliga-Verein KSV aus Hamburg. Denn nicht nur KSV-Sanierer und finanzieller Märchenonkel Wettstein hat sich davon gemacht, auch Neu-Coach Thioune macht erstmal Fofftein, bevor er voller Elan seinen neuen Traumjob in Hamburg beginnt. Und da es allein in der zukünftigen Wir-kaufen-dein-Auto.de-Arena zu langweilig ist und ja, außer dem Transfermarkt, nichts Wichtiges anliegt, hat auch Jo Witzboldt das Weite gesucht. 

Seit genau einer Woche ist der Sommertransfermarkt offen – doch statt mehr oder weniger talentierter Torjäger und Abwehrrecken wurden bislang überwiegend Gerüchte gehandelt. „Das übliche Domino-Spielchen wird dieses Jahr etwas später losgehen“, orakelt HSV-Sportvorstand Jonas Boldt, der gerade ein paar Tage im Ausland weilt. Andere Menschen, andere Gespräche, andere Gedanken (Quelle: Abendblatt.de)

Nun, wer würde es ihnen nach der harten und erfolgreichen Arbeit nicht gönnen, wären da nicht einige klitzkleine Problemchen, die dieser Verein angehäuft hat. Zum einen hat man immer noch keine neuen Hauptsponsoren, aber wen kratzt das schon, oder? Dann hat man sich gerade von 11 Profis aus dem letztjährigen Kader getrennt, bisher aber nur einen 18-jährigen aus Hoffenheim und einen 30-jährigen Gelbsüchtigen aus Paderborn verpflichtet. Dazu kommen Spieler, die man selbst verliehen hatte (Opoku, David), aber nimmt man den aktuellen Kader, so sieht er derzeit aus wie das Stadiondach, nämlich traurig. 

Aber: Wie üblich haben die Herren mit den hohen Einkünften die Ruhe weg, ist ja auch nicht ihr Verein. Urlaub gebucht, ein paar flotte Sprüche und wenn man sich im Februar 2021 im Abstiegskampf befindet, fragen sich wieder alle, wie das bloß passieren konnte. Dabei ist die Antwort gar nicht so schwer: Es kann passieren, wenn man aus seinen Fehlern nicht lernt. Es kann passieren, wenn man nur eine große Schnauze, aber keine Ahnung hat. Es kann passieren, wenn man grundsätzlich keinen Plan B hat. Es kann passieren, wenn man faul wie die Sünde ist. 

Aber – ist doch egal. Denn gibt es irgendwo in den Tiefen der medialen Berichterstattung so etwas wie eine Analyse? Eine kritische Aufarbeitung? Nichts gibt es. Es gibt nach dem erneuten kläglichen Scheitern ein 4-tägiges Trommelfeuer an Schmähungen, Schuldzuweisungen etc. Dann rollen ein paar unbedeutende Köpfe, man trennt sich von ein paar Leihspielern, auf deren Weiterverpflichtung man eh keine Chance gehabt hätte und das Spiel beginnt von vorn. Nach kurzer Zeit wird die erste Lusche für die neue Saison geholt, natürlich mit der üblichen medialen Lobpreisung verbunden. Dann erklärt uns die Abteilung Hofbericht, dass ab jetzt alles besser werden wird, dass man im Volkspark endlich die richtigen Schlußfolgerungen gezogen und gelernt hätte. Gestern Abend las ich bei der neuesten Leuchte in der Graupenperle, einem gewissen Simon Rösel, dass der Umbruch dauern würde (Mit Simon Rösel schreibt heute ein ausgewiesener Fußball-Experte und leidenschaftlicher HSVer für euch. Wir wünschen Simon alles Gute für seinen ersten Blog und freuen uns, dass er ein Teil der Rautenperle werden möchte). Ich habe von diesem Menschen noch nie auch nur ein Sterbenswörtchen gehört oder gelesen, aber im Gegensatz zu mir muss er wohl ein „ausgewiesener KSV-Experte“ sein. Und dieser KSV-Experte labert nun etwas von Umbruch, von den glühenden Beispielen Frankfurt und Gladbach und von „ich glaube“ und „ich hoffe“ und davon, dass die Herren Wettstein und Boldt einen Plan hätten. Das ist derart dümmlich und gleichzeitig durchschaubar, was dort schon wieder passiert. Aber soll ich mich darüber wirklich noch aufregen? Die Geschichte wird auch diesen bisher unbekannten KSV-Experten in kürzester Zeit einholen und dann präsentiert Schleimscheißer Münchhausen den nächsten ausgewiesenen „KSV-Experten“. Es ist so unendlich langweilig.

Hier mal ein Beispiel dafür, wie die intensive mediale Aufarbeitung einer verkorksten Saison aussehen kann, ein Exempel der Pulitzerpreisträger von der Hamburger Morgenpost. 

Nach der Hausdurchsuchung 

So will der HSV Bakery Jatta wieder in die Spur bekommen

Damit ein Hauch von „Urlaubsnormalität“ einkehrt, lässt der HSV seinem Spieler aktuell ein wenig Zeit zum Durchpusten. Auch Neu-Trainer Daniel Thioune, der sich beim erstmaligen Aufkommen der Debatte im vergangenen Herbst hinter Jatta gestellt hatte, hat bislang auf ein Gespräch mit dem Spieler verzichtet.

Wow. Einfach nur – wow!