Hätte ich diese Nachricht im Jahr 2014, unmittelbar nach der Ausgliederung der Profiabteilung in die KSV Fußball AG gelesen, ich wäre vor Freude nackt über die Reeperbahn gerannt. „Horst Hrubesch, von 2000 bis 2016 im Nachwuchsbereich des DFB in unterschiedlichen Trainerfunktionen tätig, ist nun NLZ-Verantwortlicher des HSV“. Damals wäre es die absolute Idealbesetzung gewesen, heute ist es ein Alibi. Ich möchte auch versuchen, meine Auffasung zu erklären. Im 2014 standen die Zeichen auf Aufbruch. Man war Bundesligist, hatte eine halbwegs vernünftige Truppe und man hatte knapp € 8 Mio., die man pro Jahr in den Nachwuchs pumpen konnte. Man hatte die Aussicht auf den einen oder anderen strategischen Partner und die Möglichkeiten wären durch die Verpflichtung des Namens Hrubesch garantiert nicht schlechter geworden. Damals entschied man sich für Hockeytrainer Bernhard Peters, knallte dem Ex-83er Hrubesch die Tür vor der Nase zu und aus einem Gespräch mit ihm konnte ich erfahren, was er von Verein, den handelnden Personen und den Zukunftsaussichten hielt. Dass nun ausgerechnet die Figuren Jansen (Mr. Invisible) und Boldt (Intrigant ohne Netzwerk) ihn von einem Engagement überzeugen konnten, kann ich nicht verstehen. 

Denn was findet der neue „Direktor Entwicklung“ jetzt vor? Einen mittel- bis unterdurchschnittlichen Zweitligisten. Ohne Geld. Ohne Perspektive. Ohne Nachwuchs. Wenn jetzt irgendwelche Opfer der Meinung sind, dass allein Hrubeschs Anwesenheit aus Vangoman einen Beckham und aus David einen Boateng macht,  zeigen sie nur, wie wenig Ahnung sie von dem Thema haben. Auch ein Horst Hrubesch kann aus Scheiße kein Gold machen und nur wegen Hrubesch werden plötzlich nicht alle Atom-Talente dieses Planetens zu Fuß nach Hamburg kommen. Das war 2014 anders, heute ist der Zug abgefahren. Eines aber bewirkt die Verpflichtung des ehemaligen Kopfballungeheuers, nämlich die Tatsache, dass sich die Herren Boldt, Wettstein, Mutzel, Thioune und Jansen Zeit erkauft haben. Der Name Hrubesch sorgt erst einmal ein paar Monate dafür, dass der Druck abflaut und in Zukunft wird sich absolut alles auf den „Langen“ konzentrieren. 

Dieser wird relativ schnell merken, wo er da reingeraten ist und ich muss ehrlich gestehen, ich hatte ihm mehr Weitsicht zugetraut. Der Hrubesch, den ich kennengelernt habe, hält von Typen wie Jansen und Boldt weniger als nichts, umso verwunderlicher ist es, dass er sich mit fast 70 Jahren vor deren fast-insolventen Karren spannen lässt. Keine Ahnung, ob er die Tragweite nicht versteht oder nicht umrissen hat, aber ab sofort ist das Hrubeschs Sport Verein. Alles, was nicht klappt, wird unmittelbar mit seinem Namen verbunden. Und wenn dann statt Ambrosius doch Gjasula spielt, werden sich in einigen Wochen die Ersten fragen, wozu man den Ex-U-Nationaltrainer denn überhaupt geholt. Währenddessen können die Herren, die in den letzten Jahren kläglich versagt haben, weiter ihr Süppchen kochen und ihre Intrigen spinnen, Schaden wird nur der Name Hrubesch nehmen. Wie gesagt, ich hatte ihm mehr Durchblick zugetraut.

Ich versuche das Ganze noch einmal zu beleuchten bzw. zu erklären, ok? Im Gegensatz zu den bezahlten Hofschranzen und den unterbelichteten Hohlhüpfern, die innerhalb von Sekunden ein Urteil fällen und sich vor Vorfreude nicht mehr einkriegen, denke ich einen Tag über Entscheidungen mit dieser Tragweite nach und ich möchte euch gern erläutern, was diese Überlegungen ergeben haben. Bleiben wir von Anfang bei den Tatsachen und Fakten und lösen uns von den Vermutungen, Hoffnungen und Spekulationen. Horst Hrubesch hat von 2002 bis 2018 bei einem Verband  und nicht bei einem Verein gearbeitet. Als Trainer der deutschen U18, U19, U20, U21 und der deutschen Frauen-Nationalmannschaft hat er Erfolge wie Europameisterschaften, Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2016 erreicht. Aber: Er hat in diesen Funktionen nichts entwickeln müssen! Er hat in all den Jahren mit den besten des jeweiligen Jahrgangs gearbeitet und die Kunst war es, aus diesen Besten ein bestmögliches Team zu bilden. Das kann Hrubesch. Er hat einen Blick für eine Team-Struktur und er kann begeistern. Das aber entspricht nicht seiner neuen Aufgabe als „Direktor Entwicklung“ beim KSV, denn hier soll er eine gesamte Nachwuchsstruktur und kein Team entwickeln. Hier soll er im Büro und nicht auf dem Platz mit jungen Leuten arbeiten. Und er soll eigentlich mehr als Figur und weniger als Horst Hrubesch wirken. Meiner Meinung nach wird die Kombination aus Boldt und Hrubesch nicht lange halten, weil Horst relativ schnell merken wird, dass das, auf das er sich dort eingelassen hat, nicht seinem Naturell entspricht.  

Benedikt Höwedes: „Der Fußball hat sich brutal entwickelt. Und sich dabei immer weiter distanziert von den normalen Fans.“ Und in diesen Fußball, der besonders beim KSV ausgeprägt ohne Ende ist, will Horst Hrubesch zurückkehren?