Gegen Begeisterung für den eigenen Arbeitgeber ist im Prinzip nichts einzuwenden, im Gegenteil. Wenn man in der glücklichen Lage ist, dem Unternehmen, für das man arbeitet, ein gewisses Maß an Enthusiamus entgegenzubringen, kann das eigentlich nicht schlecht sein. Das Problem mit dem KSV ist unglücklicherweise nur, dass vielfach eben nichts anderes vorhanden ist als Fanboy-mäßige Glückgefühle, wenn man den ersten Vertrag bei dem Verein unterzeichnet, in dessen Bettwäsche man vor einigen Tage noch genächtigt hatte. Ich kann die Texte nicht mehr hören, bei denen die neuesten Mitarbeiter sich kaum noch einkriegen konnten. Und jetzt haben wir wieder einen davon. 

23 Jahre später steht Polzin selbst im Dress des HSV am Trainingsplatz und hat es ganz offensichtlich noch gar nicht richtig realisiert, dass er jetzt selbst als Trainer bei seinem Lieblingsverein angestellt ist. „Es gibt für mich nichts, was größer und besonderer sein kann, als hier beim HSV zu arbeiten“, sagt Polzin. Als der 29-Jährige vor fünf Wochen an der Seite des neuen Cheftrainers Daniel Thioune seinen Vertrag als Co-Trainer unterzeichnete, erinnerte er sich auch direkt wieder an sein erstes Mal im Volkspark. „Nachdem der Wechsel feststand, hat mein Vater gleich die erste Eintrittskarte von damals herausgeholt.“

Herrgott, geht es auch irgendwann mal eine Nummer kleiner? Wann endlich begreifen die Hirnis, dass ihnen ihre Sprüche binnen Wochenfrist um die Ohren fliegen werden? „Es ist uns egal, wer hinter uns Zweiter wird“ (A. Hunt) oder „Wir haben die stärkste Mannschaft“ (A. Hunt, ein Jahr später).  Aber die Herren im Volkspark sind ja auch schon wieder auf einem Dampfer unterwegs, denn wer genau aufgepasst hat, dem wird aufgefallen sein, dass der Jatta/Daffeh-Bannstrahl, den Teile des Vereins über die fiese SportBild erlassen hatten, der Vergangenheit angehört. Erst das Leibold-Interview und nun predigt Black Kloppo Thioune PR-Kacke über das Springerblatt. So ist das halt mit der Moral an der Müllverbrennungsanlage, sie hält nicht so lange. Denn wenn man meint, dass man die Schreiber von der SpoBi braucht, legt man sich auch wieder mit ihnen ins Bett. 

Was könnte man sonst noch schreiben? Dass der Verein am Arsch ist? Das weiß eigentlich jeder, aber im Moment habe ich den Eindruck, dass die Anzahl derer, die die Realität erkennen, immer weiter anwächst. Wer sich durch Blogs und Foren arbeitet, der sieht, dass sich eine ausgesprochen negative Stimmung verbreitet. Keinen Stadion-Sponsor, keinen Trikot-Sponsor. Kein Zuschauer. Der Verein hat aktuell nicht mal so viel Geld, dass er einen 30-Jährigen aus Karlsruhe oder Wiesbaden kaufen könnte und für seine ins Schaufenster gestellten Verkaufskandidaten interessiert sich keine Sau. Aktuell kann man also davon ausgehen, dass in der nächsten Saison Spieler den Verein retten sollen, die in der letzten Spielzeit noch in der Regionalliga gegen den Abstieg gekämpft haben. Geile Aussichten. 

Ach, noch was. Erkennt irgendjemand eigentlich irgendeinen „Aufbruch“ oder einen „neuen KSV“? Ich nicht und viele andere auch nicht (mehr). Ich sehe einen Verein, der derart abgewrackt ist, dass er nun versuchen muss, das ihm aufgezwungene Modell der Nachwuchsbeförderung als goldene Idee zu verkaufen. Der Hrubesch-Hype hat keine 2 Tage angehalten, wie alle anderen Hypes im Volkspark verglühen, weil keine eigene Philosophie hinter allem steckt, sondern wirtschaftliche Notwendigkeit. 

Herr Hrubesch hat mir gesagt, wie er sich seine Arbeit beim HSV vorstellt – auch auf der Ebene im zwischenmenschlichen Bereich“, so Thioune gegenüber der Sportbild. „Und er sagte zu mir, dass er mit aller Macht von unten schieben wird. Ich habe ihm gesagt, dass ich mit aller Macht von oben ziehen werde. Da haben sich zwei gefunden.

Ehrenwert, diese Schieber und Zieher. Nur muss da auch was zum Schieben und Ziehen sein und dieser KSV hat seine Nachwuchsarbeit über viele Jahre eklatant vernächlässigt. „Da haben sich zwei gefunden“, jaja. Diese Zwei können schneller wieder verschwunden sein, als die Meisten sich vorstellen können. 

Mal was Grundsätzliches: In diesen Tagen lese und ich höre ich immer wieder von ehemaligen Intensiv-Beobachtern, Bloggern, Podcaster, Journalisten und ähnlichen, dass sie es ja immer schon gewusst haben, wie es mit dem KSV laufen würde. Sie alle haben den Niedergang frühzeitig beschrieben und sind alles andere als überrascht. Schade nur, dass man über ihre rechtzeitigen Vermutungen und Prognosen so überhaupt nichts in den Archiven findet. Nichts. Weniger als nichts. Selbst während der letzten Saison haben sie noch gefeiert und gehofft. Wisst ihr, wie ich das nenne? 

Verlogen! Zum Kotzen verlogen! Meine Verachtung für eure Haltung ist euch sicher, ihr Lutscher.