Mit Sicherheit ungewollt und dennoch perfekt auf den Punkt bringt es ausgerechnet „Schnappi“ Hecking. Der Trainer, der vor Beginn der letzten Saison noch erklärte, welche großartiges Projekt in Hamburg auf ihn warten würde. Er, der irgendwie keine Lust mehr verspürte, einmal im Jahr nach München, Dortmund oder Leipzig reisen zu müssen, sehnte sich nach den Abenteuern der zweiten Liga. Endlich mal mit der Bahn bis Sandhausen, anstatt mit dem Flieger ins Erdinger Moos nach Freising, wer möchte das nicht? Endlich mal das Brett KSV trainieren und ins Licht führen, so lautete der Plan des dünnhäutigen Dieter. Heute nun hört sich alles ganz anders an. 

Hecking war 2015 Deutschlands Fußballtrainer des Jahres und hat vergangene Saison den HSV trainiert, mit dem er aber den Aufstieg in die Bundesliga verpasste. Seit Juli ist er Manager in Nürnberg. Der 55-Jährige gab zu, dass ihm der Trainerjob zuletzt nicht mehr den ganz großen Reiz verschafft habe. „Ich war 20 Jahre Cheftrainer, und es war am Ende vielleicht auch eine gewisse Routine vorhanden“, sagte Hecking. Wenn man merke, dass die Abläufe immer gleich seien, dann mache es einfach nicht mehr den Reiz aus, auf dem Trainingsplatz zu stehen. Er habe sich gefragt, was ihm der Fußball noch bieten könnte. (Quelle: Süddeutsche.de)

Na sowas? Das fällt ihm aber früh ein. Die Sache ist nur die: Er ist nicht allein. All die Ü30-Auslaufmodelle a la Harnik, Ewerton, Hunt, Gjasula, Terodde, Leistner, Moritz, Salihovic, Mavraj, Spahic usw., die die geniale Klubführung als alte Haudegen, erprobte Fahrensmänner oder neuerdings Säulenspieler (kotz) zu verpflichten meinten, sind in Hamburg gefloppt. Der letzte Spieler jenseits der 30, der in diesem Alter nach Hamburg wechselte und überzeugte war Ze Roberto, aber der ist derart professionell, der würde auch als Ü40-jähriger in dieser Truppe noch überzeugen. Ne Freunde, diese Spieler, die am Tag ihrer Vertragsunterschrift die Bullshit-Bingo-Worthülsen vom „großen Verein“, dem „tollen Projekt“ und ihrem Willen, Teil des Neuaufbaus (was für ein Treppenwitz) loslassen und anschließend in den Wohlfühlmodus oder in die Belastungssteuerung verfallen, haben den Verein nur Bundesliga-Zugehörigkeit und viel Geld gekostet. 

Hinzu kommt, dass man mit jedem Fußball-Frührentner einen Platz für ein eigenes Talent schließt, vom Frustfaktor mal ganz abgesehen. Warum also machen die das trotzdem? Warum wird erst verbreitet, wie unfassbar sich Jungs wie David, Amaechi, Opoku, Ambrosius und Co. entwickelt hätten, um ihnen dann doch wieder einen Opa vor die Nase zu setzen oder sie ein weiteres Mal zu verleihen? Ganz einfach – weil es Herren wie Boldt, Mutzel, Wettstein und ihren Vorgängern nicht um den Verein, sondern um die eigene Agenda ging. Setzt man tatsächlich endlich einmal auf den gepriesenen Nachwuchs, sind Rückschläge vorproprammiert und solche Rückschläge möchte niemand im Lebenslauf haben. Das gilt im Übrigen auch für die allermeisten Trainer. Das Problem des KSV ist nur, dass er eigentlich keine andere Wahl mehr hat, als diesen Weg zu gehen, aber tut es trotzdem nicht. Weil die Würdenträger es nicht wollen, weil die Trainer sich nicht trauen und weil der Aufsichtsrat sie nicht zwingt.

Und so dreht sich die Spirale. Und sie dreht sich. Und sie dreht sich. Immer in die gleiche Richtung. Nach unten. 

Dauerkarten-Erpressung!