Ich frage mich gerade, was eigentlich bezeichnender für unsere Zeit ist: Der selbstherrliche Jubel der Senatoren Dressel und Grote über eine unversteckte Subventionierung eines seit Dekaden katastrophal geführten Unternehmens (KSV) oder der Umstand, dass diese Minusleistung von den Hamburger Medien entweder unterschlagen oder beklatscht wurde. Abendblatt-Sportchef Alexander Laux, inzwischen mehr Jubelperser als Journalisten-Simulant fand, dass diese Steuerzahler-Verarschung „Ein gutes Geschäft für alle wäre“, mit solchen Stellungnahmen macht man sich natürlich sowohl bei SPD wie beim KSV beste Freunde und nur noch darum geht es in diesen Tagen. Nicht die Abbildung der Realität oder gar die Darstellung der Wahrheit, mitnichten. Heute sind verschärfte Steigbügelhalter-Eigenschaften in den Redaktionsstuben mindestens genauso gefragt wie Verkäufer-Talente, das Bild, welche die Hamburger Presse abgibt, ist erschütternd. Aber ab und zu gibt es dann doch noch einen, der sich traut, gegenzusteuern….

Pressemitteilungen sind mit Vorsicht zu genießen. Sie müssen im Meer der An- und Abkündigungen auffallen, Interesse beim chronisch gelangweilten Leser wecken und am Ende noch ein paar Sympathien einfangen…(Quelle:Abendblatt.de)

Bereits im ersten Satz enttarnt Abendblatt-Autor Matthias Iken warum es wirklich geht, in Pressemitteilungen wie in Zeitungsartikeln. Aufmerksamkeit erhaschen und Sympathien abgreifen. Der Inhalt respektive der Wahrheitsgehalt des Inhalts ist viertrangig. 

„Mit der heute geschlossenen Vereinbarung schaffen wir für alle Seiten eine langfristige Standortsicherheit für das Volksparkstadion“, freute sich Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Standortsicherheit? Wollte der HSV mit seinem Stadion unter dem Arm nach Pinneberg, Norderstedt oder auf die Cayman-Inseln umziehen? Oder musste der HSV finanziell gestützt werden – eine Vermutung, die der Verein gleich zurückwies? Etwas anders klang Sportsenator Andy Grote (SPD): „Ich freue mich, wenn auf diesem Weg die Handlungsfähigkeit des größten Sportvereins unserer Stadt erhalten bleibt.“ Aber Grote ist ja auch Sport- und nicht Finanzsenator. (Quelle: Abendblatt.de)

Liest man sich die Pressemitteilung des Senats genauer durch und berücksichtigt dann den Einwurf von Corona-Partykönig Grote, solltet selbst der behinderste Dauerhüpfer merken, wohin die Reise geht. Denn während man öffentlich erklärt, das Geld sei für die Renovierung der Baracke Volksparkstadion gedacht, verlabert sich der seichte Andi binnen Sekundenfrist. Er als Sportsenator und KSV-Fan freut sich, dass man die „Handlungsfähigkeit“ des Pleite-Klubs mit Steuergeldern sichern konnte, also die Gehälter an die Herren Boldt und Wood. Das hat dann allerdings wenig mit einer Stadionsanierung zu tun und erinnert verschärft an die Zweckentfremdung der ersten Fan-Anleihe, von der eigentlich ein Campus gebaut werden sollte und die am Ende in Gehältern und Abfindungen endete. 

Auch jetzt fließen Millionen aus dem Grundstücksgeschäft in die nötige Aufhübschung der Arena. Allerdings stellt sich die Frage, warum der HSV in den vergangenen Jahren nicht und unzureichend in der Lage war, das Stadion auf den modernsten Stand zu bringen. Klaus-Michael Kühne spendierte jedes Jahr vier Millionen Euro allein dafür, dass das Volksparkstadion Volksparkstadion heißt. Nun kommt der Sanierungszuschuss vom Steuerzahler. Und einen Tag nach dem Deal erwarb der HSV einen neuen Spieler. Auch wenn dieser Transfer davon unabhängig ist, könnte mancher Konkurrent eine Debatte über Financial Fairplay anstoßen. Der HSV versprach in seiner Presseerklärung eine „Attraktivierung des Stadionerlebnisses“. Und wir dachten, ein attraktives Stadionerlebnis hänge am gezeigten Fußball! Offenbar verstehen wir weder etwas vom Sport noch von moderner Finanzpolitik. (Quelle: Abendblatt.de)

Um es einmal ganz klar zu sagen: Ich habe mich im Verlauf der letzten 10 Jahre mehr als einmal vom Verein verarscht gefühlt, aber das jetzt auch Teile der Regierung mit meinen Steuern die Unfähigkeiten der Herren Wettstein und Co. auszubügeln gedenken, schlägt dem Fass den Boden aus. Was Herrn Kühne mit seinem Geld macht, ist mir egal und ob Herr Bohnhorst noch einmal Millionen in diesen maroden Verein pumpt, darf bezweifelt werden, aber mit öffentlichen Geldern die Mißwirtschaft von Gestalten auszugleichen, die sich an diesem Verein (und jetzt an der Stadt) die Taschen vollgestopft haben, ist einer zuviel. Aber, wie gesagt, es schlägt ja niemand Alarm. Außer vielleicht Herrn Iken. Und mir. Und der TAZ..

Dass die Summe zur nachhaltigen Gesundung des Vereins führt, ist unwahrscheinlich. Seine Sorgen sind um ein vielfaches größer und beileibe nicht allein Corona anzulasten. Die Geldspritze ist eher das, was für einen Junkie der nächste Schuss ist. Und es wäre nicht verwunderlich, wenn der Klub sie auch wieder verpulverte, statt davon das Stadion zu modernisieren – oder gar endgültig pleite ginge.

Dann säße die Stadt auf einer Riesenfläche mit Stadion und müsste erneut den HSV retten, damit diese nicht komplett nutzlos wäre. Obwohl, halt – sie könnte das Areal ja einfach dem HSV schenken. Und dann zurückkaufen. Damit wäre dann eine ganze eigene Hamburger Kreislaufwirtschaft erfunden. (Quelle: tat.de)