Es ist einige Jahre her, da erwähnte ein ehemaliger KSV-Profi in einem Gespräch mit mir einmal einen Begriff, den ich bis dahin nicht unterbringen konnte, er redete von der sogenannten „Fußball-Familie“. Heute weiß ich, was er damit meinte, denn diese Familie existiert. Um diesen Begriff in den richtigen Kontext bringen zu können, muss man sich überlegen, was man denn grundsätzlich über den Profi-Fußball und seine perversen Auswüchse weiß und vor allem, was man nicht weißt. Dabei kann man sich absolut sicher sein, dass angefangen beim Präsidenten der UEFA bis hin zum Praktikanten bei der Mopo alle dazugehören, zur großen (glücklichen) Fußball-Familie. In dieser Familie hält man zusammen, man sorgt füreinander, es ist ein ständiges Geben und Nehmen. Dabei ist wichtig, dass keiner zu arg beschädigt wird, selbst dann, wenn einmal ein richtiger Skandal an die Oberfläche schwappt. So etwas ploppt dann kurz auf (man wird seiner sogenannten Chronistenpflicht gerecht), es verschwindet aber außerordentlich schnell wieder von der Bildfläche, immer mit dem Ziel, keinen allzu großen Schaden anzurichten, denn eines darf auf gar keinen Fall passieren: Der Zugang zum Geld darf nicht gestoppt werden. Und es geht um nichts anderes als ums Geld. 

Betrachten wir doch nur einmal die Reaktionen auf die beiden Football-Leaks Bücher. Wer beide Werke aufmerksam gelesen hat, wird mir zustimmen, wenn ich der Meinung bin, dass die Inhalte eigentlich das gesamte System hätten zum Einsturz bringen müssen, aber passiert ist im Grunde gar nichts. Dabei kann man sicher sein, dass selbst Football Leaks in Zusammenarbeit mit John (Rui Pinto), dem Spiegel und anderen Magazinen, die im Besitz von mehreren Terra-Byte an Unterlagen sind, bestensfalls an der kranken Oberfläche gekratzt haben. Was waren die Resultate? Ein paar Fußball-Multimillionäre oder Milliardäre mussten ein paar Millionen Steuern nachzahlen, so what? Ab und zu wird mal ein unbedeutender Verein aus Polen oder Aserbeidschan für ein Jahr von irgendeinem internationalen Wettbewerb ausgeschlossen, das wars. Selbst wenn ein Klub wie Manchester City beim Bescheißen erwischt wird, kann er sich nach kurzer Drohgebärde wieder freikaufen. Ein Aufschrei der Medien? Mitnichten!

2006 holte Kaiser Franz Beckenbauer lobenswerter Weise die WM nach Deutschland, es folgte das Sommermärchen. Später kam heraus, dass auch diese WM, wie diverse vor und nach ihr, einfach nur gekauft und Beckenbauer einer der Drahtzieher war. Es werden Verhandlungstermine anberaumt, der Kaiser ist aufgrund von Krankheiten nicht vernehmungsfähig und die Termine verrinnen. Wenige Wochen später kann der gleiche malade Kaiser wieder an  Feierlichkeiten teilnehmen,aber schreit irgendein Medium auf? Natürlich nicht. KSV-Vorstand Jonas Boldt wird in Football Leaks eindeutig des Betruges überführt, daraufhin ist er in Leverkusen nicht mehr tragbar. Ist das das Ende einer Karriere? Aber warum denn, man geht einfach zum KSV, denn dort wird nie ein ernsthafter Journalist eine echte Frage stellen. Christoph Metzelder wird überführt, weil er kinderpornografische Fotos verschickt hat (Die Christoph Metzelder Stiftung und die Initiative „Tor ins Glück“ setzen sich gemeinsam für die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen sowie jungen Flüchtlingen in Deutschland ein), es gibt ca. 3 Tage eine mediale Berichterstattung. Und dann? Still ruht der See. 

Natürlich kann man auch den Fall Bakery Jatta/Daffeh ins Spiel bringen, bei dem die allermeisten Medien mehr darauf bedacht waren, dem Mann eine brillante Integration zu bescheinigen und darauf hinzuweisen, dass er in Deutschland Steuern bezahlt, man schlug sich also blitzeschnelle auf die Seite der Verteidiger. Warum? Weil die überwiegende Anzahl der sogenannten Fans diese Seite bevölkerte und man möchte doch auch als Journalist immer gern auf der richtigen Seite stehen. Wobei „richtig“ in diesem Zusammenhang nicht sachlich und fachlich richtig ist, sondern „richtig“ ist hier nur die Mehrheitsmeinung, sollte sie auch noch so abwägig und lächerlich sein. Denn es geht nicht darum, die Wahrheit zu klären und zu verbreiten, es geht darum, sich zu positionieren und wer sich richtig positioniert, der verdient Geld. Alles andere ist unwichtig.

Von diesen Beispielen gibt es Tausende, es gab sie früher, es gibt sie heute und es wird sie solange geben, wie man mit dem Profi-Fußball Geld verdienen kann. Wenn man erst einmal Mitglied der großen (glücklichen) Fußball-Familie ist, wird man von ihr nicht mehr fallengelassen. Man trifft sich regelmäßig zum Golf spielen auf Mallorca, man labert in Sendungen wie dem Sport1-Doppelpass um die Wette dummes Zeug und man schmiert die (Geld)-Maschine. Hier gibt es keine Wahrheiten zu bestaunen, hier gibt es PR und wenn sich ein übereifriger Journalist doch einmal bemüßigt fühlt, zuviel zu plaudern, wird er von der Familie eingefangen. Warum aber kann diese Maschinerie des vorsätzlichen Betruges über all die Jahre so gut funktionieren? Ganz einfach.

Weil diejenigen, die eigentlich unter all dem Betrug leiden, das Spiel mitspielen. Die sogenannten „Fans“ wollen keine Wahrheit, sie wollen das Märchen. Sie wollen es, weil sie sich damit besser fühlen. „Ich will das alles gar nicht wissen, ich interessiere mich doch nur für den Fußball“. Aber das, liebe Dorftrottel, ist der Fußball! Euch wird eine Welt vorgegaukelt, die es nur in eurer Phantasie, aber nicht in der Realität gibt. Ihr glaubt noch an Helden, Vereinstreue, Ehre? Schminkt es euch doch endlich ab, das sind Floskeln aus einem anderen Jahrtausend und selbst die rührselige Geschichte vom ewigen Uwe und einem abgelehten Italien-Angebot erweist sich bei näherem Hinsehen als getürkte Ente. Aber diese Enten verfehlen nach wie vor ihre Wirkung nicht, denn diese Art von Legenden wollen die naiven Fans in Zeiten von Corona und Brexit mehr hören als je zuvor. Der Fußball rettet eine Scheinwelt, dabei ist er nicht Medikament, sondern Virus. 

Stellt euch einfach mal ein paar der folgenden Fragen und versucht sie zu beantworten. Warum werden in Sportsendungen, in Diskussionsrunden, bei Stammtischen etc. im Grunde immer nur Befürworten und Jubler, aber kaum mal ein Kritiker eingeladen? Warum werden Bücher promoted, die das ganze Gewerbe in den Himmel heben, aber Bücher, die berechtigte und bewiesene Kritik zum Inhalt haben, werden konsequent ignoriert und verschwiegen?  Warum wird immer mal wieder von notwendigen Veränderungen gesprochen, aber tatsächlich verändert wird nie etwas? Warum erzählen Journalisten unter vier Augen, was tatsächlich Sache ist, schreiben aber am nächsten Tag das genaue Gegenteil? Alexander Laux hat mir einmal vor vielen Jahren folgenden Satz gesagt: „Wenn ich alles schreiben würde, was ich weiß, würde es die Bundesliga nicht mehr geben“. Nun, er hat es nicht geschrieben, dafür ist er heute Sportchef des Abendblatts und spielt Golf mit Fußfall-Funktionären. Warum wohl?

In eigener Sache.

Ihr erinnert euch sicher, dass ich vor einiger Zeit erwähnte, meiner Tochter, die bekanntermaßen in Australien lebt, ein Geschenk zu ihrer großartigen Master-Arbeit machen zu wollen und ihr konntet euch mit einer Spende daran beteiligen. Nun, was schenkt man einem Kind, das sich nichts wünscht? Das erste Geschenk ist nun doch vollendet und ich wollte euch kurz zeigen, worum es sich handelt.

Das ist Teddy, die erste eigene Katze (eigentlich ist es ein kleiner Kater) meiner Tochter. Teddy ist 3 alt und hat die größten Teile seines kurzen Lebens auf der Straße gelebt. Nun hat er es gut und freue mich sehr, ihr dieses Geschenk machen zu können. Habt vielen Dank!