Ein „zurück“ zu was auch immer, aber bestensfalls zu dem Verein, von dem man meint, dass man ihn einmal gehabt hat. Doch was genau hat man eigentlich gehabt und wohin wollte man im günstigsten Fall zurück? Der letzte Titel datiert aus dem Jahr 1987 (Pokalsieg), die letzte Meisterschaft liegt noch weiter zurück (1983). Wenn man zum Zeitpunkt der letzten Meisterschaft geboren wurde, ist man jetzt 37 Jahre alt und hat seither was genau erlebt? Man konnte Zeuge werden, wie ein Verein, mit dem man sich jahrelang auf Augenhöhe befunden hatte (Bayern München) zu einer internationalen Marke und zum deutschen Serienmeister wurde, während man selbst eine falsche Entscheidung nach der nächsten traf und sich, mit wenigen Ausnahmen, die letzten 37 Jahre im bedeutungslosen Niemandsland wiederfinden durfte, gegipfelt im ersten Abstieg der Vereinsgeschichte und getoppt von zweimaligem Nicht-Wiederaufstieg. In Zeiten, in denen der professionelle Fußball boomte, wo Spieler nicht für € 10 Mio., sondern für € 150 Mio. die Vereine wechselten, in Zeiten, wo Spieler nicht mehr € 2 Mio., sondern € 25 Mio. pro Jahr verdienten, entwickelten sich 99% der Verein vorwärts, der KSV verfiel im Jahrestakt. 

Man könnte es vielleicht mit der Automobil-Industrie vergleichen – während alle führenden Autobauer auf Elektro-Antrieb setzen, versucht der KSV immer noch, eine neue Dieselmaschine zu entwickeln. Und wundert sich dann, dass man zurückbleibt. Man stelle sich einmal vor, man ist ein echter Fan, der heute vielleicht 20 Jahre alt ist. Wie kennt dieser Fan „seinen“ Verein? In dem Moment, als der Junge anfing, sich wirklich für den Klub zu interessieren, war er 12 oder 13 Jahre alt und die Rothosen waren Dauergast im Abstiegskampf. 2014 Ausgliederung. Kühne. Gernandt. Beiersdorfer. Geldverbrennung als Profi-Sport. 10 Jahre in Folge ein negatives Bilanz-Ergebnis. Abstieg. Zweimal den Wiederaufstieg in peinlichster Form verpasst. Das ist der KSV, wie ihn dieser junge Fan kennt, er kennt keinen Erfolg, er weiß von Meisterschaften und Pokalen aus Erzählungen und Youtube-Videos. 

Fakt ist: Der KSV hat es sich in dieser Situation und seiner Funktion als Ex-Dino und ehemalig vermeintlich großer Verein bequem gemacht, man ist eigentlich gar nicht so unzufrieden mit dem IST-Zustand. Man lebt immer noch in Hamburg, man kann immer noch richtig gutes Geld verdienen respektive bekommen, man hat eigentlich keinen echten (Leistungs)-Druck, die Medien spielen das beschissene Spiel eh solange mit, wie man sie mit Infos versorgt. Um den Turn around zu schaffen, müsste man ihn wollen, denn der Weg dahin wäre mit unendlich vielen Veränderungen verbunden. Man müsste sein Verhältnis zur Presse überdenken, man müsste anfangen, eine echte Leistungskultur zu entwickeln. Ausschließlich PR-mäßig angelegte Aktionen müssten der Vergangenheit angehören, vor allem aber müsste man den Fans und Mitgliedern gegenüber transparent werden. 

Wer will das? Die Funktionäre mit Zeitvertrag, deren Hauptansinnen es ist, die Laufzeit des eigenen Kontrakts zu überleben? Die Spieler, die plötzlich an ihren Leistungen gemessen werden und zwar unabhängig davon, ob man 3:1 gewinnt oder 1:2 verliert? Die Fans selbst, die ihren Verein so kennen (und lieben) wie er ist und die eigentlich kein echtes Interesse daran haben, einen anderen Verein zu supporten? Denn eines ist klar: Der KSV müsste ein vollkommen anderer Verein werden, um das Virus auszuräuchern und eine neue Epoche einzuläuten. Aber will überhaupt jemand einen „anderen KSV“? Oder hat man sich eingerichtet? Fühlt man sich in der Rolle des Rhythmus-Versagers eigentlich ganz wohl? Mit 10 Stunden Arbeit pro Woche kann man € 100.000 verdienen und mit 20 Stunden kann man € 130.000 verdienen. Wie viele werden sich wohl für die 10 Stunden entscheiden? Hinzu kommt, dass die Konkurrenz gnadenlos entrückt ist, selbst Vereine wie Augsburg oder Freiburg spielen nicht nur was die Klasse betrifft in einer anderen Liga, von Bayern, Dortmund oder Leipzig braucht man nicht mehr zu reden. 

Nein Freunde, es gibt kein zurück mehr, jedenfalls kein zurück in die Anfänge der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Allein der Versuch, eine echte Veränderung herbeizuführen, wäre vielen viel zu mühselig und eine Garantie, ob es dann klappt, gibt es auch nicht. Diejenigen, die noch bei der Stange sind, wollen den KSV so, wie er jetzt ist, zumindest inhaltlich. Und so, wie er jetzt ist, wird es keinen nachhaltigen Erfolg geben können.