…Podcast? Die Welt dreht sich schneller und je älter man wird, umso schneller scheint sie zu rotieren. Als ich Kind war, musste man für jedes Telefonat einzelnd bezahlen, Flatrate gab es nicht. Wenn man mit jemandem im fernen Ausland Kontakt halten wollte, musste man entweder sauteure Telefonate führen oder man musste schreiben. Heute skype ich ich mit meiner Tochter zu jeder Tages- und Nachtzeit, ob sie nun in St Kilda, Mansfield oder Apollo Bay ist. Kostenlos. In der Vorstellungswelt unserer Großeltern muss sowas wie Smartphone, Whatsapp oder Skype irgendwas zwischen Enterprise und Teufelswerk gewesen sein, für uns ist es heute Alltag. Ob das nun alles gut oder schlecht ist, sei mal dahingestellt. Aber die Welt ändert sich. Täglich. 

Es ist noch gar nicht lange her, da fing die (Sport)-Berichterstattung mit etwas an, was sich Blog nannte, meines Wissens nach war der Abendblatt-Blog „Matz Ab“ der erste seiner Art. Allerdings wurde er nicht aus Berechnung oder Profitgier gegründet, sondern um einem Journalisten-Simulanten, den man im Print-Bereich nicht mehr wollte, irgendein Aufgabenfeld bis zur Rente zu geben. Erstaunlicherweise funktionierte das Prinzip, ich bin sicher, dass auch die Verantwortlichen im Springer Verlag damit nicht gerechnet hatten. Das „Problem“ für den Schreiber bestand allerdings relativ schnell darin, jeden Tag etwas „liefern“ zu müssen, während er in der Vergangenheit alle paar Tage irgendwas zum Thema KSV zu Papier bringen musste. Folge: Im Laufe der Zeit wurden die Blogs inhaltsärmer, belangloser und ab einem gewissen Zeitpunkt war der Kommentarbereich des Blogs interessanter und unterhaltsamer als der Blog selbst. Ich weiß von Usern, die monatelang den eigentlichen Blog gar nicht mehr lasen, sondern direkt in den Kommentarbereich gingen. Alles Geschichte.

Nun befinden wir uns beinahe im Jahr 2021 und der legitime Nachfolger des Blogs nennt sich Podcast. Jeder Pfosten macht heute einen Podcast. Das Abendblatt macht einen, Drosten macht einen, Toni Kroos macht einen, wer heute keinen Podcast macht, scheint sich nicht mehr auf Höhe der Zeit zu befinden. Ich mache keinen Podcast, ich mache einen Blog und das wird auch so lange so bleiben, bis ich keine Lust mehr habe. Warum? Warum ändere ich dieses Format nicht einfach und mache einen Podcast? Zuerst einmal, weil ich gern schreibe und weil ich es als wesentlich reizvoller und anspruchsvoller empfinde, die eigenen Gedanken aufzuschreiben, als einfach drauflos zu labern. Ich muss zugeben, dass ich ausgesprochen wenig Podcasts höre (wenn, sind es amerikanische oder australische zu Themen wie Politik, Umwelt etc.) und ich muss ebenfalls zugeben, dass mich Fußball-Podcasts zu Tode langweilen. 99% dieser journalistischen „Versuchsreihen“ sind derart inhaltsfrei, dämlich und belanglos, dass ich keine 3 Minuten aushalten., ohne mich nachhaltig fremdzuschämen.

Dann kommt noch hinzu, dass sich wirklich jede Pfeife vor ein Mikrophon setzen und drauflos labern kann, schreiben aber muss man können. Ich frage mich immer wieder, wer sich diesen Käse mehr als 2 Stunden am Stück anhören soll, wenn sich dort zwei Mentalamöben über absoluten Mumpitz unterhalten und es klingt, als würde Opa vom Krieg erzählen. Aber ich glaube, darum geht es vielen gar nicht. Die Meisten wissen, dass sich kaum einer ihre Ergüsse bis zum bitteren Ende antut, aber es spielt keine Rolle, denn es geht mehr um die Unterhaltung selbst. „Mein Sportradio“ zum Beispiel war aus meiner Sicht noch halbwegs interessant und die hatten manchmal bis zu 50 Zuhörer. Wer sich den Scheiß „NurderHSV-Podcast“ von DerFurz („Ja, Tach auch..“) und Sascha Dämlicher länger als 2 Minuten 14 Sekunden anhört, sollte die Medikamenten-Einstellung überdenken und „Verzähl nix (Ist übrigens absoluter Quatsch. Entweder „Vertell nix“ oder „Erzähl nix“) von HeSpackt und „Reik“ eignet sich bestenfalls als rezeptfreie Einschlafhilfe. 

Wie gesagt, diese Dinge habe ich mir ungefähr 5 mal jeweils für 3 Minuten angehört, dann war ich bedient. Es bringt mir einfach nichts, wenn ich angeblich erwachsenen Menschen dabei zuhören, wie sich sich gegenseitig erzählen, wie cool sie sind und aus jeder Silbe erkennt man, dass sie nicht mal ansatzweise wissen, was sie da teilweise mehr als 2 Stunden für gequirrlte Kacke absondern. Aber okay, sollen sie machen, ich muss es mir ja nicht anhören. Es tut mir leid, aber ich finde die Kommunikationsform Podcast irgendwie billig und deshalb mache es nicht. Ich habe auch noch nie als Gast an einem teilgenommen und habe auch nicht vor, dies zu ändern. Der absolute Höhepunkt der Schwachsinnigkeit ist aus meiner Sicht dieser sogenannte „Morning Call“, der aber offenbar bei einigermaßen dünn-angerührter Hörerschaft Anklang zu finden scheint. Ich stelle mir dann immer eine Zigarrenfabrik auf Kuba vor, wo in einem halbdunklen verrauchten Raum ein Zeitungsvorleser den Zigarren-Dreherinnen aus der hiesigen Dorfzeitung vorliest. Warum in Gottes Namen sollte ich es geil finden, wenn mir jemand die Mopo oder das Abendblatt vorliest? Sind die alle zu doof oder zu faul, um selbst zu lesen? 

Halt nein, es gibt noch einen höheren Höhepunkt: Die „Auswärtscouch“. Da sitzen dann mehrere übergewichtige Brüllfrösche vor einer Kamera und gucken ein schlechtes Fußballspiel. Und sondern dabei Hundescheiße ab. Und der Witz des Ganzen: Der Kosument soll diesen Vollpfosten dabei zugucken, wie sie ein Spiel sehen, anstatt das Spiel selbst zu sehen? Wie krank ist das denn? Ich soll es geiler finden, Kevin Kackfisch beim Zusammenbrechen oder Jan Nick beim Reporter-Imitieren zuzusehen, als mir das Spiel, welches sie sehen, selbst zu gucken? WARUM? Was bringt mir das, außer vielleicht Fremdscham bis zum Pupillenstillstand? Aber dann stelle ich mir die Klientel vor, die sich das tatsächlich antut und in mir erwächst ein Gefühl aus Abscheu und Mitleid. Nö, sowas mache ich nicht.  

Einen schönen 1. Weihnachtstag.