Vorgestern Abend, 21.00 Uhr. Anstehen tut eines der Topspiele der Premier League zwischen Tottenham (5.) und Liverpool (4.), eigentlich ganz großer Sport. Und dennoch – allein der Umstand, dass auf allen anderen gefühlten 52 Sendern nichts Besseres zu laufen schien, veranlasste mich, auf Sky Sport 1 zu drücken, eine Entscheidung, dir mir früher durchaus leichter gefallen wäre. Das Spiel beginnt, Superstars wie Manè, Firminho, Kane, Son etc. stehen auf dem Platz und die Emotion? Nicht vorhanden. Man hört, wie sich die Spieler auf dem Platz anschreien und das Topspiel des 20. Spieltags der Premier League erinnert erneut an einen bedeutungslosen Vorbereitungskick zwischen Hoffenheim und Admira Wacker auf irgendeinem Gletscher im Juli vor insgesamt 143 Kiebitzen. Natürlich wird dort immer noch technisch hochwertiger Tempo-Fußball geboten, aber es kommt nicht an bei mir, im Gegenteil, es törnt mich total ab. Also umgeschaltet auf irgendeine Krimi-Serie, die ich bereits mehrfach gesehen habe. Alles ist besser als dieser sterile Retorten-Fußball. 

Ich habe mir die Frage gestellt, ob es nur mir so geht? Ich habe mich gefragt, wie man wohl drauf sein muss, wenn man bereit ist, 90 Minuten seiner Lebenszeit zu opfern und nicht Tottenham gegen Liverpool, sondern KSV gegen Paderborn sehen möchte. Ohne Tempo, ohne technische Finessen. Und ohne Emotionen. Reizt einen wirklich, das samstägliche Mittagsessen abzubrechen, um bewundern zu können, wie Jatta/Daffeh mit dem Ball zum 3.000sten Mal ins Aus rennt oder wie Maltafuß Ulreich den nächsten Rückpass in den C-Rang donnert. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich in einem schwachen Moment anfing, Mitleid für die ärmlichen Hofberichterstatter zu entwickeln, die nun im dritten Jahr versuchen müssen, einer Sache, der die Emotionen ausgehen, Emotionen künstlich einzusingen. Die verzweifelt versuchen, aus Coach Thioune den neuen Tuchel und aus Herrn Ambrosius den nächsten Boateng zu schreiben. Die übertrieben abfeiern, wenn Himbeer-Toni Leistner im NDR-Sportclub durchschnittlich lustige Antworten liefert, anstatt dem Fragesteller eine zu drücken. Wie scheiße muss es sein, wenn ich etwas beklatschen muss, was kaum noch jemanden interessiert? 

Wie übel die Situation tatsächlich ist, lässt sich immer gut an den Überschriften und Texten der Artikel in der Jubelpresse ablesen. „Thioune erklärt: Das hat der KSV auf dem Transfermarkt vor“. Den Schmutz muss ich nicht mal lesen, denn der KSV hat erstmal gar nichts vor, der KSV hat kein Geld. Körperklaus Gisela leidet doppelt und ansonsten fällt denen von der Mopo nichts mehr ein. Wie auch? Das Abendblatt hat sich nahezu gänzlich vom sportlichen Bereich getrennt und „analysiert“ in Person von Dumpfgrinser Jacobs den Richtungsstreit um die KSV-Struktur. Schade nur, dass das wahrscheinlich knappe 5% seiner Leserschaft überhaupt interessiert und davon nur 3% überhaupt kapieren. Aber ehrlich – was soll man denn auch schreiben? Ich könnte theoretisch einfach das Notebook dichtmachen und 5 Tage nichts schreiben, aber die kriegen Geld dafür und „ihr“ Verein gibt absolut nichts mehr her. 

Jetzt, wo ich das hier schreibe, spielt gerade Fürth gegen Aue und Würzburg gegen Düsseldorf und das Einzige, was ich tue: Ich gucke ab und zu über Videotext, wie es steht. Obwohl beide Spiele in der Konferenz auf Sky live zu verfolgen wären, aber darauf habe ich keinen Bock. Ich habe einfach keine Lust auf diese Testspiel-Atmosphäre, auf diesen Zweitliga-Folterfußball und auf diese Spieler, die ich zu 97% nicht kenne. Wenn ich mir nicht mal mehr Tottenham gegen Liverpool anschaue, wie kann ich dann Fürth gegen Aue gucken? Draußen schneit es und die Straßen sind glatt. Das ist deutlich spannender. 

Euch allen ein schönes Wochenende. Passt auf euch auf.