Endlich wird in Hamburg mal wieder eine prominente Sau durchs Dorf gejagt, in diesen Tagen ist es der derzeit arbeitslose Ex-Fußballprofessor Ralf Rangnick. Und natürlich, kaum ist das Scheißhausgerücht über die üblichen Pressekanäle verbreitet, flippen die dünn-angerührten unter den KSV-Salafisten kollektiv aus und wollen mehrere Kilometer an roten Teppichen ausrollen, sollte sich der Klugschwätzer für ein Engagement in Hamburg entscheiden. Zuerst einmal – ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass der inzwischen 62-Jährige bereit ist, seinen mühsam aufgebauten Ruf als Fußball-Experte aufs Spiel zu setzen, indem er in Hamburg genau so scheitert wie so viele vor ihm. Aber selbst wenn, was sollte Rangnick denn ohne Geld in Hamburg ausrichten? Auf Schalke (04 bis 05), in Hoffenheim (06 bis 11) oder bei RB (13 bis 21), überall war Geld kein Problem. In Hamburg ist es das größte Problem und selbst Super-Ralle weiß, dass er mit einer leeren Hose keine Wunderdinge erreichen kann, aber genau das würde man in Hamburg von ihm erwarten. 

Was also müsste passieren, damit Rangnick doch ein Thema in Hamburg werden könnte? Viel, zu viel. Zuerst einmal müsste Heimschläfer Boldt verschwinden, aber das ist noch die leichteste Übung, denn der Mann arbeitet bekanntlich gerade mal wieder an seinem Abgang. Aber allein durch den Weggang Boldts hat der KSV noch kein Geld und Ex-Gönner Kühne wollte zuletzt sowohl seine Anteile verkaufen (wer’s glaubt) und war nicht mal mehr bereit, die läppischen € 2 Mio. für die Namensrechte am Volksparkstadion zu berappen. Aber selbst wenn Kühne wollte, er müsste dem Verein das Geld schenken, welches Super-Rangnick im Anschluss in die Mannschaft investieren könnte. Das wird nicht passieren, also müsste man den Verein umbasteln. Man müsste eine Umwandlung in eine KGaA vollziehen oder bei den Mitgliedern für einen erweiterten Verkauf der AG-Anteile bis 49,9% werben, Ausgang offen bis ausgeschlossen. Dies alles würde Zeit in Anspruch nehmen und es wäre nicht gewährleistet, dass es überhaupt klappt. Aber vielleicht wird Präsident Pinselreiniger ja im Sommer versuchen, mit der Personalie Rangnick zu punkten und seine Wiederwahl zu beschleunigen. Ein Stunt, der so neu nicht in Hamburg ist, man erinnere sich an HSVPLUS und das Versprechen: Wenn ihr uns wählt, bringen wir als Geschenk noch Dukaten-Didi mit. 

Das alles klingt wenig aussichtsreich und ist mit zahllosen Fallstricken gespickt, aber ich möchte lieber erklären, warum ich gegen all diesen Mumpitz bin. Was haben wir gelernt in all den Jahren? Ich zumindest habe gelernt, dass weder Rückhol-Aktionen von Erfolg gekrönt waren, noch das man sich Siege dadurch „erkaufen“ kann, indem man die Erfolgsmodelle der Konkurrenz kopiert. Diese Versuche waren mit Klopp, Tuchel und Sammer (Wir kopieren das Dortmund-Modell) bereits vor der Vertragsunterschrift gescheitert, mit Bruchhagen scheiterte sowohl eine Rückhol-Aktion wie auch der Versuch, ein wenig Frankfurt nach Hamburg zu bringen. Am Ende ist auch die Boldt-Nummer gescheitert, hier versuchte man den Weg des Champions League-Teilnehmers aus Leverkusen zu imitieren. Nein, in Hamburg muss man endlich damit anfangen, seine eigene Story zu schreiben, seinen eigenen Weg zu finden und sein eigenes Erfolgsmodel zu kreieren. Es bringt nichts, immer nur über den Gartenzaun zu gucken und sich zu ärgern, dass die anderen es besser machen, man muss auch irgendwann damit anfangen, daraus zu lernen. 

Mit Rangnick würde man aber erneut versuchen, ein Modell zu kopieren, welches woanders (Hoffenheim, Leipzig) erfolgreich war, aber diese Vereine sind bereits einen Schritt weiter und der KSV hinkt wie immer hinterher. Wenn es nicht irgendwann einmal gelingt, innovativ anstatt traditionell zu denken, wird man auch weiterhin der Musik hinterherlaufen. Wohin den Verein die zahllosen Versuche mit der Brechstange gebracht haben, kann man unschwer am aktuellen Stand ablesen. Sie haben Geld gekostet, welches man nicht hatte.