Na klar, 18 Trainer seit 2010 ist übel, wirklich übel. Und eigentlich schafft sowas – nur der HSV. Und ebenfalls richtig: Man sollte dem Übungsleiter doch einfach mal ein wenig Zeit geben, seine Idee und die ihm an die Hand gegebenen Spieler zu entwickelt. Stimmt alles, denn was haben die zahllosen Trainer-Rauswürfe und Trainerwechsel dem Verein am Ende gebracht? Nichts, weniger als nichts. Unruhe, der nächste „Neu-Start“, die nächste verworfene Hoffnung, die nächste Millionenabfindung, alles wieder von vorn. Würde der HSV heute (sportlich) anders dastehen, hätte man beispielsweise an Hannes Wolf oder gar an Christian Titz festgehalten? Man weiß es nicht, auf jeden Fall hätte man viel Geld gespart. Denn es ist bei Weitem nicht nur der Headcoach, der im Falle einer Entlassung gehen muss, zumeist fliegt das komplette Funktionsteam mit ihm. Also – Kontinuität ist gut. Vertrauen ist gut. Zeit geben ist gut. Nur halt nicht Kontinuität um der Kontinuität willen. Denn was nicht geht, ist der verzweifelte Versuch, es anders zu machen, nur um es anders zu machen. Das ist aber exakt das, worauf es in Hamburg gerade wieder hinausläuft.

Denn was ist die Voraussetzung dafür, dass man endlich einmal kontinuierlich arbeitet? Natürlich muss man bereit sein, auch mal eine Leistungs- oder Ergebnisdelle gemeinsam durchzustehen, aber das ganze Große, das Bild, die Entwicklung, sie muss sichtbar sein und das ist sie in Hamburg nicht. Denn beim HSV, der mit 15 Punkten aus den ersten 5 Spielen wie entfesselt in die aktuelle Saison gestartet war, ist nicht nur der Alltag eingekehrt, die Mannschaft im Ganzen und jeder Spieler für sich hat sich im Laufe der Spielzeit rückentwickelt. Sukzessive wird ein Spieler nach dem nächsten von Spieltag zu Spieltag schlechter, selbst Torgarant Terodde, der in den ersten 17 Spielen 17 mal netzte, trifft die Bude nicht mehr. Und diese Entwicklung ist nicht etwa auf übergroßes Verletzungspech, gigantische Corona-Pausen oder Schiedsrichter-Fehlentscheidungen in Serie zurückzuführen, sie ist vielmehr hausgemacht. Fakt ist: Trainer Daniel Thioune ist nicht in der Lage, aus der Mannschaft mit dem höchsten Etat und den nominell besten Spielern ein Team zu bilden, welches sicher aufsteigt und nicht weniger muss man erwarten, wenn man mehr Kohle ausgibt als der Rest der Liga. 

Hätte man es in Hamburg anders versucht, könnte und müsste man es auch anders sehen. Hätte man auf sogenannte „Säulenspieler“ wie Leistner, Terodde, Ulreich und Gjasula verzichtet und hätte man sich von Gesichtern des Abstiegs wie Jung und Hunt getrennt und es stattdessen mit weitesgehend unbekannten Akteuren versucht, wäre die Lunte auch deutlich länger, aber das wollte man in Hamburg mal wieder nicht. Im Volkspark wollte man aufsteigen, weil man aufsteigen muss. Deshalb leistet man sich einen Terodde, deshalb bezahlt man einem Gjasula das Doppelte dessen, was er in der Bundesliga bei Paderborn kassiert hat, deshalb bindet man sich einen Ulreich für Jahre ans Bein. Nicht, um einem Daniel Thioune, der selbst vor der Saison € 500.000 Ablöse gekostet hatte, eine Mannschaft zum Entwickeln zu geben, sondern damit er verdammt nochmal aufsteigt mit dem Ex-Dino. Nun aber hat den Trainer die Realität eingeholt, der HSV holte im Kalenderjahr 2021 insgesamt 22 Punkte aus 16 Spielen, ein Schnitt von 1,3 Punkten. Damit erreicht man über die Saison gerechnet 46 Punkte, das reichte in der letzten Saison für Tabellenplatz 8. Tabellenplatz 8 wäre aus der Sicht einiger HSV-Anhänger noch nicht mal schlecht, wenn man denn auch einen Etat wie der zur Zeit Tabellen-8. hätte. Dies ist der KSV mit einem Kaderwert von € 14,68 Mio. (HSV: € 35,40 Mio.). 

Schaut man sich die Rückrunden-Tabelle an, wird das Bild noch trüber. Mit z.Zt. 15 Punkten hat der HSV genau 3 Punkte mehr geholt als der abgeschlagenen Tabellenletzte aus Würzburg, ein absolut desaströses Ergebnis. Und, wie gesagt, wenn man schon über Kontinuität spricht, ist die Entwicklung ein maßgebliches Kriterium und diese Entwicklung zeigt deutlich nach unten, da können Boldt und Mutzel auch noch so sehr labern. In Hamburg aber möchte man endlich einmal kontinuiertlich sein und man ist damit gefangen in seiner eigenen Zielsetzung. Gleichzeitig gefährdet man aber das überlebenswichtige Saisonziel und ich höre schon die Sprüche, die uns im Juni/Juli erheitern werden. „Veilleicht hätten wir Mitte/Ende April doch die Reißleine ziehen sollen“. Aber dann ist es zu spät. Andere Vereine machen es anders. Gestern hat der Tabellen-13. der Bundesliga, der FC Augsburg, seinen Trainer Heiko Herrlich entlassen, am Tag zuvor hat sich  der Vierte der 3. Liga, Dynamo Dresden, von seinem Übungsleiter getrennt. Der 1. FC Köln hat diesen Schritt von nicht allzu langer Zeit auch beschritten, bei Arminia Bielefeld ist Frank Kramer seit dem 02.03.2021 Chef an der Außenlinie. All diese Klubs sahen die Saisonziele gefährdet und zogen die Reißleinen, für den HSV ist es jetzt, 4 Spiele vor Ende zu spät dafür und man hat es auch nicht vor. 

Und dann? Will man dann mit einem Trainer, der das Saisonziel dann krachend verkackt hat, tatsächlich in die neue Saison gehen? Dann ohne Terodde und mit deutlich kleinerem Etat, dafür aber mit deutlich mehr Konkurrenz (z.B. Schalke 04)? Um genau was dann aufzubauen? Ein Team, das erfolgreich den Abstieg in die 3. Liga verhindert? Es wäre natürlich wieder einmal typisch HSV, wenn man Thioune die Saison zu Ende spielen lässt, den Aufstieg verpasst und ihn dann feuert. Nur dann müssen die dafür Verantwortlichen am selben Tag mit ihm zusammen vom Hof reiten. Doch dann…

 Wie das Abendblatt erfuhr, soll es beim HSV auch bei einem erneut verspielten Aufstieg mit der sportlichen Führung um Trainer Thioune, Sportdirektor Mutzel und Vorstand Jonas Boldt weitergehen. Diese Vereinbarung wurde vor der Saison gemeinsam mit dem Aufsichtsrat getroffen, und hat nach übereinstimmenden Angaben aller Beteiligten – Strand jetzt – noch immer Bestand.

Besprochen wurde, dass alle drei Verantwortlichen für das sportliche Abschneiden das Vertrauen des Kontrollgremiums genießen, um in dieser Konstellation beim HSV auf Sicht etwas zu entwickeln. Rückschläge wie einen verpassten Aufstieg seien mit einkalkuliert.

Die Begründung wurde ebenfalls mitgeliefert:

Anders als es in der Vergangenheit oftmals der Fall war, arbeiten Vorstand und Aufsichtsrat in dieser Saison sehr harmonisch zusammen. Vor allem Boldt tauscht sich regelmäßig mit den Räten Markus Frömming und dem Vorsitzenden Marcell Jansen aus.

Das ist ja hervorragend! In diesem lächerlichen Rat der Durchwinker sitzen seit Jahren nur noch ahnungsbefreite Dünnbrettbohrer, die sich daran ergötzen, sich von Underperformern wie Wettstein, Boldt und Mutzelbacher Ammenmärchen erzählen zu lassen. Als Gegenleistung erhält man dann eine Jobgarantie auf Lebenszeit, weil man sich immer so freundlich mit den Kühne-Abgeordneten Frömming und Jansen „austauscht“. Und man hat sich bereits vor der Saison einen Rettungsanker eingebaut bzw. einbauen lassen, für den Fall, dass es erneut nicht klappt? Bin ich hier eigentlich inzwischen endgültig in der Klapsmühle gelandet? Da dachte man, man wäre mit dem ehemaligen „Rat der Ahnungslosen“ um Ertel, Erhardt und Floberg am unteren Ende angekommen, aber diese Versager toppen selbst das. Naja, ist ja auch nicht ihr Verein. Sorry, aber denen ist einfach nicht mehr zu helfen. Man kann wirklich nur hoffen, dass der Aufstieg mißlingt, ein neues e.V-Präsidium alle an die Luft setzt und kein Stein auf dem anderen lässt.