Als Außenstehender kann man sich das eigentlich nur schwer vorstellen, aber es passiert und beim KSV passiert es überproportional oft – ein Chefcoach, ein Übungsleiter wird ausgerechnet in der wichtigsten Phase der Saison von der Mannschaft bzw. Teilen der Mannschaft im Stich gelassen, hängengelassen, im Grunde vorsätzlich abgesägt. Männer, die mit dem, was sie tun, Hunderttausende wenn nicht gar Millionen verdienen, stellen ihre eigenen persönlichen Befindlichkeiten über das Wohl ihres Arbeitgebers und gefährden somit vorsätzlich die ausgegeben Ziele, teilweise sogar für den Klub überlebensnotwendige Entwicklungen. Die Motive sind dabei recht unterschiedlicher Natur und das ist wohl eines der großen Probleme für den Boss. Der Eine spielt nicht oft genug, der Andere wird nicht häufig genug gelobt und der Dritte würde doch gern öfter in den Arm genommen werden. Dann gibt es wieder Welche, die sind einfach nur ekelhafte Stinkstiefel und brauchen eigentlich kein Motiv, ein Anderer gefällt sich in der Rolle des Maulwurfs und steckt Kabinengeheimnisse wahlweise an den Sportchef oder die Presse durch. Sie alle haben jedoch etwas gemeinsam: Sie schaden dem Verein. Ihr großes Glück – in den seltensten Fällen wird ihr Verhalten sanktioniert, zu 99 % erwischt es den vorgesetzten Trainer, denn der ist immer das schwächste Glied in der Kette.

Eigentlich ist diese Geschichte widersinnig, betrachtet man die gerade aufgerufenen und überwiesenen Hausnummern aka Ablösesummen für Profitrainer. Man muss sich das einmal vorstellen: Der FC Bayern überweist für Julian Nagelsmann € 25 Mio. Richtung Leipzig und feuert diesen nach 10 Monaten, weil die Herren Goretzka, Müller und Neuer den neuen Chef doof finden. Aber das wird nicht passieren und ich erkläre auch gern, warum nicht. Wenn bei einem Verein wie Bayern ein Spieler meint, seine Eigeninteressen vor die Interessen des Vereins stellen zu müssen, hat er einen Termin bei Rummenigge. Der erklärt ihm dann in halbwegs freundlichen Worten, warum er bei den Bayern angestellt ist, was er monatlich überwiesen bekommen und dass er sich verdammt nochmal den Arsch aufzureißen hat! Weil das in München aber jeder Spieler weiß, versucht es keiner und das ist in Hamburg nunmal vollkommen anders. In Hamburg existiert keine Führung mit Charakter. 

„Die Beziehung zwischen Trainer und Spielern hat immer mehr gewackelt“, sagte Boldt und versuchte zu begründen, warum seine Worte innerhalb von nur zwei Tagen ihre Bedeutung verloren hatten. Was zwischen diesem Freitag und jenem Montag passierte, waren vor allem Gespräche, die Boldt mit Führungsspielern, aber auch mit Sportdirektor Michael Mutzel geführt hatte. Herausgekommen ist ein Bild, das Boldt zu einem Kurswechsel veranlasste. Der Trainer, so war es zu hören, hatte seine Mannschaft verloren (Quelle: Auftragsblatt.de)

Um es einmal unmißverständlich klarzustellen: Dieses Gespräch wäre absolut überflüssig gewesen, würde man sich als Sportvorstand oder Sportdirektor in ausreichender Weise für die Geschicke des Vereins interessieren. Denn dann hätte man bereits vor Monaten erkennen müssen, was der eine oder andere Kicker „vorhat“ und hätte ihn ins Achtung stellen müssen. Das aber passiert in Hamburg nicht. Es ist bei Wolf nicht passiert, bei Hecking nicht passiert und auch bei Thioune nicht passiert, man hat den Cheftrainer alleingelassen. Allein mit einem Haufen charakterloser Söldner, denen scheißegal ist, in welcher Liga ihr Arbeitgeber spielt. Stattdessen wartet man bis 3 Spieltage vor Ultimo, spricht dann mit den Denunzianten und nicht mit dem Trainer und kickt denjenigen, mit dem man (wieder einmal) langfristig etwas aufbauen wollte, einen Weg gehen wollte und für den man vor 9 Monaten noch € 500.000 nach Osnabrück überwiesen hatte. Das Scheitern von Daniel Thioune ist nicht nur ein Scheitern eines Trainers, der mit diesem Verein, aber besonders mit diesen Spielern überfordert war, es ist vor allem ein Scheitern der sportlichen Leitung, nun schon zum dritten Mal in zwei Jahren. Wenn es eine gerechte Welt gebe, müssten die Herren Boldt und Mutzel am selben Tag vorm Hof reiten wie Coach Thioune. Da dies aber nicht passieren wird, wird sich in diesem Verein nie etwas ändern, jedenfalls nicht zum Besseren. 

Liest man nun gestern die schriftlich übermittelten Stellungnahmen des gefeuerten Trainers, so klingen die ein wenig anders als das, was uns Judas Boldt verkaufen wollte. 

Kam das für Sie überraschend? Immerhin gab es wenige Tage zuvor ja noch ein klares Treuebekenntnis.

Ja, aufgrund der vorherigen Gespräche war es am Sonntag dann schon überraschend für mich.

Weiter wurde auch von einem immer größeren Bruch zwischen Ihnen und der Mannschaft gesprochen. Können Sie das bestätigen?

Nein, das habe ich nicht so empfunden. Ich habe mit der Mannschaft immer offen kommuniziert, immer Lösungen an die Hand gegeben und versucht, sie mit einzubinden, wenn wir es für sinnvoll erachtet haben. Ich habe einige Nachrichten aus der Mannschaft nach der Freistellung bekommen, in denen Spieler meinen Abgang bedauern und sich für die Zusammenarbeit bedanken. Das klingt für mich nicht nach einem Bruch.

Wirft irgendwie kein so gutes Licht. Auf alle. 

Zum Schluss…

…das Letzte!

Vielleicht bin ich ja doch in einem früheren Leben Hooligan gewesen? Aussagen von Ex-Poptown Ultra Henrik Köncke, erschiene im Auftragsblatt.

Absolut. Die Verhinderung der Super League darf nur der Anfang sein. Es gibt viel mehr Themen, die wir angehen müssen. Die Champions-League-Reform, eine unverschämte WM in Katar und ganz grundsätzlich ein Fußball, der trotz Corona immer nur ein höher, schneller, weiter kennt. Dieser Fußball entfremdet sich jeden Tag immer mehr von der Basis – und dagegen müssen wir uns wehren

Ich liebe den Fußballsport und schaue natürlich gerne Spiele auf höchstem Niveau. Aber Spiele in der Champions League wie in der vergangenen Woche zwischen Chelsea und Real Madrid haben einfach mein Interesse verloren, gerade aufgrund der aktuellen Situation und den Entwicklungen in den vergangenen Jahren und Monaten. Und auch WM-Spiele schaue ich nur, wenn ich durch Zufall irgendwo zum Grillen eingeladen bin, wo der Fernseher läuft 

 In erster Linie ist es wichtig, dass uns Fans zugehört wird, die Interessen wahrgenommen werden und ein Austausch stattfindet. Wir wollen eine gegenseitige Wertschätzung und einen Verein, der eine klare Haltung und eine Identität ausstrahlt.

 Auch der HSV ist reformbedürftig. Weder im Fußball allgemein noch beim HSV ist alles gut.

Der Fußball und seine Fankultur stehen am Scheideweg. Auf nationaler Ebene ist es kurz vor zwölf Uhr, auf internationaler Ebene ist schon lange nach zwölf Uhr

Bemerkenswert.