Als Durchseuchung, auch Infektionsprävalenz[1] genannt bezeichnet man den Verbreitungsgrad einer endemischen Infektionskrankheit in einer Population zu einem bestimmten Zeitpunkt [Wikipedia]

„Es hängt eine dunkle Wolke über dem Volkspark“ (Jörn Wolf)

„Die DNA des Vereins ist infiziert (Unbekannt)

Bevor man sich der letzten Behauptung nähert, müsste man in Erfahrung bringen, ob ein Sportverein tatsächlich so etwas wie eine DNA besitzt, wobei DNA an dieser Stelle selbstverständlich stellvertretend für einen USP steht, für eine Idee von einem Verein, für eine Philosopie, einzigartig und unverwechselbar. „Mia san mia“ hat der FC Bayern München irgendwann einmal erfunden, also „Wir sind wir“. Dies soll stellvertretend für ein gewisses Maß an Selbstbewußtsein stehen, anders ausgedrückt könnte man auch sagen: Uns kann niemand was. Klar, das kann man behaupten, aber irgendwann muss man halt auch den Nachweis erbringen. Dieses „Mia san mia“ kann in München natürlich nur so erfolgreich sein, so lange der Verein erfolgreich ist, ansonsten wirkt es ab einem bestimmten Zeitpunkt wie das unsägliche „Hamburg, meine Perle“, in dem Gerrit Heesemann immer noch davon trällerte, dass man in „Hamburg den Bayern die Lederhosen ausziehen würde“, wobei die Realität regelmäßige 0:8 und 2:9-Niederlagen ergab. So gesehen war die Abschaffung dieser Peinlichkeit nur folgerichtig, auf dicke Hose kann man eben nur machen, wenn die Ergebnisse stimmen. 

Aber wann stimmten denn eigentlich diese Ergebnisse beim HSV zuletzt bzw. ab wann begann der schleichende Niedergang oder die leise Verseuchng einer DNA, die nun schon so viele Jahre alles andere als gesund ist? 1983 feierte man den größten Erfolg der Vereinsgeschichte mit dem Gewinn des Europapokals der Landesmeister in Athen, danach kam, außer einem Pokalsieg gegen einen Zweitligisten, gar nichts mehr. Es wäre also falsch, die Negativ-Ergebnisse und Erlebnisse einzig und allein an den Protagonisten der letzten 10 Jahre festmachen zu wollen, andererseits haben sie auch nicht um einen Millimeter gegengesteuert. Bereits Ende der 80er Jahre wollte der damalige Manager des Vereins, Günther Netzer, die Vermarktungsrechte des Vereins an Herrn Cesar W. Lüthi und dessen CWL-Werbung vergeben, obwohl das beste Angebot nicht  aus der Schweiz kam. Seltsamerweise heuerte der gleiche Netzer nach Ende seiner HSV-Karriere wo an? Genau, bei der CWL-Werbung. Es folgten Treppenwitze wie Jutesäcke, Autopolituren und Ost-Immobilien. Als Thomas Doll seinerzeit nach Rom verkauft werden sollte, versuchte der damalige Manager Georg Volkert einen Side-Deal mit dem Boss von Lazio zu machen, der HSV-Sportchef wollte Doll für 6 Mio. Mark nach Rom abgeben, wenn er von der Summe eine Million für sich behalten könnte. Heute reden wir via Football Leaks über Kickbacks, Sportchefs, Vorstände und sogar Aufsichtsräte halten ihre Hände auf, die Kohle ist schließlich da. 

Ich will damit gar nicht sagen, dass dies nur in Hamburg so läuft, denn ganz sicher tut es das nicht. In Hamburg aber läuft das inzwischen seit fast 40 Jahren so und es hat nicht aufgehört, es wird immer schlimmer. Heute lassen sich Galgenvögel wie Judas Witzbold dafür abfeiern, dass sie spektakuläre Transfers ohne Ablösesumme abwickeln, wenig später kommt dann raus, dass er im gleichen Zeitraum mit € 3,6 Mio. mehr Honorar an Spielerberater abgetreten hat als so mancher Bundesligist. Und warum macht Boldt das? Warum macht Wettstein als diese Stunts? Weil sie es können. Weil sie niemand hindert und weil sie niemand zur Verantwortung zieht. Die Fans und Mitglieder nicht und die Medien erst recht nicht, denn die würde bekanntlich auf wertvolle Quellen verzichten müssen, wenn sie die Loser markern würden und wer will das schon? Wie sowas läuft? Sieht man allein in dieser Woche zweimal. Fall 1. Herr Wettstein bekennt öffentlich, dass das Geld, welches vertraglich festgelegt für die Stadionsanierung gedacht ist, ein Drittel des Etats für die anstehende Saison decken wird, eine klare Zweckentfremdung. Und? Regt sich jemand darüber auf? Findet dieser Skandal, bei dem Steuergelder für Abfindungen, Transfers und Gehälter entfremdet werden, irgendwo eine Erwähnung? Außer in diesem Blog nicht. Fall 2. Maltafuß Ulreich bemerkt nach nur einer mäßig erfolgreichen Saison, dass ihm Hamburg doch nicht so gut gefällt. Flugs denkt sich Svenni: „Dann verzichte ich doch mal eben auf ca. € 4 Mio. und löse meinen Vertrag auf. Was soll ich auch mit all der Kohle, ich bin doch erst 32.“ Die Hofberichterstatter verkünden den Schwachsinn begeistert, weil sie wissen, wie gut solche Meldungen bei ihrer verblödeten Leserschaft ankommen, ob es wahr oder falsch ist, interessiert in den Hamburger Redaktionsstuben schon seit vielen Jahren keine Sau mehr. 

Immer wieder stellen sich Anhänger, Fans und Mitglieder die Frage, wie all das passieren konnte. Wie konnte ein Verein, der einmal auf Augenhöhe mit den Bayern agierte, inzwischen auf Augenhöhe mit Heidenheim agieren? Antwort: Es existiert keine dunkle Wolke, es gibt auch keinen launischen Gott, der diesem wunderbaren Verein etwas Schlimmes will. All das, was diesem Klub im Laufe der Jahren widerfahren ist, hat er sich selbst eingebrockt. Weder der FC St. Pauli noch Werder Bremen verantworten den Niedergang, es ist vielmehr die Gier der handelnden Personen. In den letzten 40 Jahren hat dieser Verein einzig und allein Personen angezogen, die den Klub als Erfüllungsmedium der eigenen Interessen nutzen wollten. Ob es nun Vorstände, Aufsichtsräte, Trainer oder Spieler waren, für jeden einzelnen kam zuerst der eigene Vorteil und die eigene Brieftasche, bevor der Verein und ein eventueller Erfolg des Vereins kam. Es gibt kein Virus in diesem Verein, der Verein selbst ist das Virus. Ein Verein, der wie der HSV geführt wurde und der nicht in der Stadt Hamburg beheimatet wäre, würde schon seit vielen Jahren nicht mehr existieren. Der HSV existiert nur noch wegen Hamburg, so einfach ist das. Denn alles, absolut alles an diesem Verein ist inzwischen krank oder ist im Laufe der Jahre krank geworden. Engagements wie das von Herrn Kühne – in dieser Form nur in Hamburg möglich. Ein Finanzvorstand wie Frank Wettstein nach 7 Jahren – nur in Hamburg möglich. Boldt und Mutzel ein drittes Jahr fuhrwerken zu lassen – nur in Hamburg möglich. Warum aber wird all das nicht geändert? Warum wehrt sich niemand? 

Weil sie alle bis zum Hals mit drinstecken. Ehrenrat, Beirat, Seniorenrat, Medien, Aufsichtsrat, Vorstand. Einer partizipiert vom anderen, einer deckt den anderen, einer be- und ernennt den anderen. Wenn man sich für das Amt des e.V.-Präsidenten bewerben möchte, muss man zuerst am Beirat vorbei. Der gleichen Beirat empfiehlt die Mitglieder für den Aufsichtsrat, dieser bestellt den Vorstand. Jeder kocht sein persönliches Süppchen und passt auf, dass er nicht zu kurz kommt. Es wird niemals passieren, dass man von Seiten der Hamburger Medien rechtzeitig über interne Mißstände in Gänze aufgeklärt wird, dabei wissen die Schmierlappen alles, was wissenswert ist. Verpflichtung zur Weitergabe der Wahrheit? Drauf geschissen. Journalistische Sorgfalspflicht? Ein Treppenwitz. Zur Not nennt man sich halt „Fan-Blog“, das erklärt dann unkritische und sachlich falsche Pseudo-Berichterstattung. Als Fan hat man gefälligst zu jubeln, sonst ist man keiner. Unkritisch in die Insolvenz, das ist es. Ne Leute, das Thema ist durch. Der HSV ist ein durchseuchtes Virus ohne Zukunft und es ist vollkommen egal, ob da nun Thioune, Walter oder Grobi auf der Trainerbank sitzt. 

Dieser Ex-Verein ist nun schon seit so vielen Jahren kein Sport-Klub mehr, er ist ein PR-Zombie, der mit seiner Existenz die Einkünfte von einer ganze Reihe von Abzockern absichert. Herren wie Boldt und Mutzel labern medienwirksam etwas von „fehlender Leistungskultur“, dabei sind genau sie es, die diese Leistungskultur verhindern. Ein Mann wie Frank Wettstein wird von der Hamburger Hofberichterstattung zum „HSV-Sanierer“ gekürt, obwohl er während seiner gesamten Amtszeit nichts als Millionenverluste einfährt. Trotz Kühne! Trotz Fan-Anleihe! Einem Versager wie Bernhard Peters gab man das Prädikat „HSV-Juwelier“ und nach 4 Jahren und € 32 Mio. Euro Investition hat dieser Verein nicht einen Spieler im Bereich U19 und U21, der den Kader eines durchschnittlichen Zweitligisten auffüllen könnte. Zum Dank dafür machte sich Peters selbstständig und kassiert heute rasante Berater-Honorare von seinem Ex-Arbeitgeber HSV. Der sogenannten „Perlen-Taucher“ Mutzel ertauchte Raketen wie Amaechi und Co., aber wird all das irgendwo thematisiert? Bloß nicht, man will die Anhänger schließlich nicht mit Fakten verwirren, oder? 

Ich werde immer wieder gefragt, was man denn machen könnte. Ehemalige Verantwortungsträger und Führungspersonen fragen verzweifelt: „Was können wir denn bloß tun, um diesen Verein zu retten?“ Meine Antwort ist immer die Gleiche: „Nichts. Das Thema ist erledigt. Suchen sie sich/such du dir ein anderes Hobby“. Warum? Weil dieser Verein nicht nur totkrank ist, nein, man hat bereits die lebenserhaltenden Maßnahmen abgebrochen. Das, was dort auf dem Totenbett liegt, ist ein hirntoter Patient, der nie wieder aufwachen wird. „Ja aber, wenn Kühne einmal nicht mehr ist?“ Dann kommt Gernandt und macht es noch schlimmer, wenn das überhaupt noch möglich ist. Der Verein selbst, seine Strukturen, seine Verkrustungen, seine Tradition und seine nicht erwünschte Lernfähigkeit verhindern das, was diesen Verein hätte retten können. Anders ausgedrückt: Es gibt zuviele „Kräfte“ innerhalb des Klubs, die gar nicht wollen, dass der HSV aus seinem Koma erwacht. Denn dann hätte sie plötzlich keine Existenzberechtigung mehr und niemand sägt den Ast ab, der ihm die Brieftasche füllt. Ende, Aus, Mickey Mouse.

R.I.P HSV