Ein Gastblog von Alex

Dieser Blog nimmt Bezug auf den Blog vom 12.07.2021

https://www.hsv-arena.hamburg/2021/07/12/impressionen-vom-trainingslager-in-grassau/

und das zugehörige Videomaterial:

https://vimeo.com/user/126313400/folder/4886165

Es hatte sich schon beim Trainingsauftakt am 18.06. im Volkspark angedeutet: Der neue Übungsleiter Tim Walter macht seinem zweifelhaften Ruf als harter Hund alle Ehre und bringt „ordentlich Zug“ ins Training, lel. Das neue Trainerteam war sichtlich bemüht, einen professionellen Trainingsstart hinzulegen und wirkte sehr engagiert und gut koordiniert. Offensichtlich hatte sich Walter nach der Vorstellungs-Pressekonferenz keineswegs in den Urlaub verabschiedet, sondern war regelmäßig auf dem Trainingsgelände, was er in der Medienrunde nach dem Training auch bestätigte. Nachdem die HSV-„Stars“ die Bekanntschaft mit den Bestrafungsritualen gemacht hatten, schlichen die Söldner und Jungmillionäre sichtlich erschöpft vom Feld, während Tim Walter ganz humorlos ankündigte, zukünftig jeden Tag ausnahmlos zwei Einheiten trainieren zu lassen, was in den folgenden Tagen bis zum Trainingslager auch eingehalten wurde. Ganz normal übrigens für eine Saisonvorbereitung im Profifußball auf Bundesliga-Niveau, aber für die von Thioune verdorbenen und ans „Durchschnaufen“ gewöhnten Rumpelkicker und Maltafüße eine Zäsur sondergleichen.

Das Trainingslager fand vom 29.06. bis zum 07.07. in Oberbayern auf dem wunderschönen und perfekt gepflegten Trainingsgelände des ASV Grassau statt. Am Abend des 29.06. wurde direkt nach dem unrühmlichen Ausscheiden der DFB-Elf um 20:00 das erste Training angesetzt. Laut HSV-Website fanden in Grassau insgesamt 15 Trainingseinheiten statt. Wenn man die morgendlichen Joggingrunden und das Drachenbootrennen plus Radeln als Einheit zählt, kommt man in der Tat mit sehr viel Wohlwollen auf 15 Einheiten, die sich wie folgt aufgeteilt haben:

Di. 29.06. 20:00-21:15 Training (1. Einheit)

Mi. 30.06. 10:15-11:30 Training (2. Einheit)
Mi. 30.06. 16:00-17:45 Testspiel gegen Wacker Innsbruck

Do. 01.07. 10:15-12:15 Training (3. Einheit)
Do. 01.07. ab 15:00 Team Building Almhütte

Fr. 02.07. 07:45-08:15 Laufen (4. Einheit)
Fr. 02.07. 10:30-12:15 Training (5. Einheit)
Fr. 02.07. 17:00-18:15 Training (6.Einheit)

Sa. 03.07. 07:45-08:15 Laufen (7. Einheit)
Sa. 03.07. 10:15-12:00 Training (8. Einheit)
Sa. 03.07. ab 15:00 Team Building Drachenboot (9. Einheit)

So. 04.07. 07:45-08:15 Laufen (10. Einheit)
So. 04.07. 10:15-12:00 Training (11. Einheit)
So. 04.07. 17:00-18:30 Training (12. Einheit)

Mo. 05.07. 10:15-12:00 Training (13. Einheit)
Mo. 05.07. 17:00-18:15 Training (14. Einheit)

Di. 06.07. 11:15-13:15 Training (15. Einheit)
Di. 06.07. nachmittags trainingsfrei

Mi. 07.07. 13:30-15:15 Testspiel gegen FC Augsburg

Was Trainingsdauer und Trainingsintensität angeht, haben sich diese gegenüber Thiounes Freizeitausfahrt nach Bad Häring locker um 50-100% erhöht. Die Trainingsinhalte von Walter sind wesentlich anspruchsvoller und werden viel professioneller durchgeführt, als bei seinen Vorgängern. Besonders positiv aufgefallen ist mir der Umstand, dass die Präsenz auf dem Rasen insgesamt deutlich länger war als in den Jahren zuvor. Die meisten Vormittagseinheiten wurden für 10:30 angesetzt, trotzdem waren Spieler und Trainerteam teilweise schon gegen 10:00 auf dem Gelände und mit Aufwärmübungen beschäftigt und nach den intensiven Übungen und Spielformen und den dazugehörigen Strafen wurde das Spielfeld nicht fluchtartig verlassen, sondern häufig noch Ballhochhalten und Torschüsse geübt oder ins regenerative Ausklingen übergegangen. Nicht selten wurden schon auf dem Rasen Analysen und Einzelgespräche im Nachgang geführt. Während Thiounes Wohlfühlveranstaltung in Bad Häring wurden komplette Trainingseinheiten mit unbeaufsichtigtem Rumgedaddel abgeschenkt bzw. ersatzlos gestrichen. Aber, liebe Freunde einer gepflegten Hochleistungskultur, bevor hier allzuviel Hoffnung aufkeimt: So ein Ablauf ist im Profifußball das Normalste auf der Welt und dürfte nur den verwöhnten HSV-Kickern wie ein Kulturschock vorkommen. Strafe muss sein für den dreimal hintereinander verkackten Aufstieg, war meine häufigste Gefühlsregung, während ich die Rückrundenversager im Schweiße ihres Angesichtes vor der Linse hatte. Quält euch, ihr Säue, kam mir mehr als einmal in den Sinn, obwohl die schlimmsten Leistungsverweigerer und Abstiegsverursacher wie Hunt, Jung und Wood gar nicht mehr dabei waren. Werder-Trojaner Ahorn Hunt, der den Verein 6 Jahre lang durch seine nutzlose Präsenz am Boden gehalten hat und noch jedes Mannschaftsgefüge gesprengt hat, hätte nicht eine der Trainingseinheiten überlebt und sich schon zu Beginn des Trainingslagers auf die Krankenstation verabschiedet. In Bremen huldigen sie dem Ahorn noch heute für seine erfolgreiche Schwächung des verhassten Konkurrenten. Wie inkompetent und verblödet können Sportfunktionäre und Trainer sein, dass sie 6 Jahre lang nicht erkannt haben, was für einen faulen Apfel sie mit durchgeschleppt haben, aber ich schweife vom Thema ab.

Die eigentlichen Übungsformen der Einheiten wurden auf der Twitter-Seite des HSV relativ gut aufgeführt und eine ausführliche Beschreibung würde den Rahmen dieses Blogs sprengen, stattdessen sollen die Videos Eindrücke vermitteln, wie es beim Training zuging. Bereits erwähnt habe ich, dass die Trainingsinhalte deutlich anspruchsvoller waren als gewohnt, sodass einige Spieler durchaus Schwierigkeiten hatten, die komplexen Übungen zu verstehen und korrekt auszuführen. Auch die Tschornalisten und Trainingskiebitze (mich eingeschlossen) waren teilweise am Rätseln, wie die Übungen genau funktionieren sollten. Auch hier konnte man deutliche Unterschiede zu Thiounes absurden Ansprachen auf dem Rasen erkennen: Während Thiounes Gesabbel von vielen Spielern akustisch oder inhaltlich gar nicht verstanden wurde, dies aber nichtmal bemerkt wurde und sich auch niemand daran störte, haben sich die Spieler in diesem Trainingslager während der Einheiten untereinander geholfen (oft zu sehen bei den schlecht deutsch sprechenden Reis und Suhonen) und auch die neuen Co-Trainer haben sich dabei viel aktiver eingebracht als Drews und Rabe in der letzten Saison, die meist nur wie Ölgötzen anwesend waren und deshalb den Verein verlassen mussten. Einzig Merlin Polzin durfte bleiben, weil er schon unter Thioune als einziger des Trainerteams unermüdlich versuchte, die störrischen Esel des Profikaders in Übungsformen hineinzuzwingen, in denen nach Ende eines Spielzuges oder bei Ball im Aus gern eine körperliche und geistige Verschnaufpause eingelegt wurde, wobei er immer wieder versuchte, aktiv neue Bälle ins Spielfeld zu bringen, um die völlig abhanden gekommene Handlungsschnelligkeit der feinen Herren zu trainieren. Diesen Elan konnte (durfte?) Polzin übrigens in der Rückrunde nicht aufrecht erhalten, sein Wirken ging analog zum Einbruch des Mannschaft verloren.

Großartig dagegen Tim Walter, der grundsätzlich mitten im Spielfeld steht und dort wie ein Imperator das Zepter schwingt und seine Anweisungen unter das Volk bringt. Der Tüp ist eigentlich genau der Richtige, um die Komfortzonen der Wohlfühloase HSV auszumerzen. Die Frage ist nur, ob er nach dem Antrainieren der Körner für die ganze Saison und dem Augenmerk auf technische Basics wie Kurzpasssicherheit und Pressingresistenz auch in der Lage sein wird, Spielsysteme und taktische Formationen einzuführen, für die das Spielermaterial überhaupt geeignet ist. Hier hängt das Damoklesschwert seiner Schaffensphase aus Stuttgart mit seinen Trainingsmethoden über ihm und dem sportlichen Erfolg der Mannschaft. Ganz ehrlich, ich hatte nicht den Eindruck, dass Walter dazugelernt hat oder aus seinen Fehlern gelernt und sich weiterentwickelt hat, so wie er es in seiner ersten Pressekonferenz noch dargestellt hatte. Ein weiteres großes Fragezeichen steht hinter der Frage, ob die Mannschaft ihm dauerhaft folgen wird und wie sich das Mannschaftsgefüge überhaupt entwickeln wird. Und das bringt mich zu meinen subjektiven Bewertungen der einzelner Spieler und zur Beschreibung einiger Grüppchen, die man im Trainingslager duchaus identifizieren konnte.

Zunächst gibt es eine Gruppe von Spielern, die unmittelbar nach dem ersten verkackten Wiederaufstieg den x-ten Neuanfang einleiten sollten und in den zwei verlorenen Jahren unter HecKing und Thioune alle mehr oder weniger enteiert wurden und sich dabei sehr unterschiedlich entwickelt haben. Dazu gehören Kittel, Dudziak, Kinsombi, Leibold und Gyamerah, die nach dem viel zu lange rausgezögerten Abgang von Hunt eigentlich die neuen Platzhirsche hätten werden sollen/können. Während Kittel und Leibold offensichtlich gesetzt sind, wurde Dudziak, Kinsombi und Gyamerah unmissverständlich signalisiert, dass sie weg sollen. Da aber Boldt und Mutzel immer noch am Rumstümpern sind, sind diese Personalien – Stand jetzt – offen und wurden folgerichtig vom Trainerteam so behandelt, als ob sie zukünftig zum Kader gehören. Während die drei genannten Kandidaten zwar grundsätzlich im Training mitgezogen haben, aber aufgrund der Vergangenheit ein Potential in sich haben, um in alte Rückrunden-Muster zu verfallen, wird es spannend werden, ob Walter weiter auf sie setzt. Anders stellt es sich bei Kittel und Leibold dar, in denen zwar das gleiche unheilvolle Potential schlummert, die aber aufgrund ihres vermeintlichen Stammplatzes durchaus wachgeküsst werden und dann zu tragenden Säulen, sorry, Stammkräften werden könnten, um vielleicht endlich mal zuverlässig die starke linke Seite zu bilden, die zwischenzeitlich immer wieder mal aufblitzen konnte. Leider hat der fast vollständige Ausfall von Kittel im Trainingslager alle Pläne torpediert, ihn in der Rolle als Zehner auszuprobieren, was sich in dem von Walter favorisierten 4-4-2 mit Raute ja durchaus angeboten hätte, wobei grundsätzlich Zweifel bleiben, ob Kittel das überhaupt kann. Interessanterweise hat sich aus dieser Situation eine Eigendynamik entwickelt, durch die der stark gehypete Hoffnungsträger Reis in Kittels Rolle gespült wurde, was immer wieder mal zu bemerkenswerten Rangeleien zwischen Leibold und Reis geführt hat, wobei man fast den Eindruck hatte, dass Leibold nicht zulassen wollte, dass Reis die Position von seinem Busenfreund Kittel übernehmen könnte, aber das ist in der Tat eine sehr gewagte Interpretation meinerseits. Andererseits konnte man an den ersten beiden Tagen beobachten, wie die beiden „Edeltechniker“ Kittel und Reis ziemlich schnell zueinander fanden. Nicht nur deshalb ist es extrem ärgerlich ist, dass Jonny (Grüße an Horst Hrubesch) die recht harte Vorbereitung nicht mitmachen konnte, denn das Trainingslager wäre ein echter Lackmustest gewesen, ob seine vorgeschädigten Knie dieser Belastung standhalten oder noch mehr als sonst belastungsgesteuert werden müssen. Und auch ein mögliches Zusammenspiel der beiden Spieler wäre spannend gewesen, ganz zu schweigen von einer Offensiv-Formation mit den Spielern Kittel, Reis und Suhonen und zwei Stürmern davor, von denen gern einer Wintzheimer sein darf. Apropos Suhonen: Für mich die absolute Überraschung des Trainingslagers. Selten habe ich einen so flinken und technisch versierten Spieler beim HSV gesehen, der zudem auch konditionell auf der Höhe ist und nach jedem Training noch Bock hatte, technische Kunststücke auszuprobieren. Offensichtlich hat Suhonen seinen Kreuzbandriss vollständig auskurieren können. Es bleibt allerdings die Frage, ob sein taktisches Verständnis unter Wettkampfbedingungen ausreicht, um einen akzeptablen Wirkungsgrad in den Spielen zu erreichen und wie er auf die Zermürbungsarbeit von typischen Zweitliga-Verteidigern reagiert. In den Testspielen kam er mir manchmal vor, wie der Silver Surfer, der mit seiner ganzen Macht nichts anfangen konnte. Nichtsdestotrotz würde ich mir wünschen, dass dieser Spieler gefördert und entwickelt wird, von mir aus auch vom angeblichen Wundertrainer Moniz. Welche Personalie sich auch immer dazu berufen fühlt, macht was draus, der Junge hat wirklich Potential.

Eine andere Gruppe sind die sogenannten Youngster wie Wintzheimer, David, Meißner, Vagnoman, Opoku und die schon erwähnten Reis und Suhonen sowie die nicht anwesenden Onana und Ambrosius. Deren Rolle im Mannschaftsgefüge ist noch nicht so stark ausgeprägt, obwohl sich Wintz wieder in guter Form präsentiert und David seine Schlafmützigkeit etwas ablegen konnte. Sehr schade ist es, das Onana nicht mitmachen durfte, dem hätten die Körner ziemlich gut getan, nachdem er zum Saisonende auch stark abgebaut hatte. Für Ambrosius ist die erneute, schwere Verletzung bedauerlich, aber er wird sicher wiederkommen. Bis dahin sollte Allrounder Heyer seine Position in der Innenverteidigung einnehmen. Der andere Platz wird wohl an Schonlau vergeben sein, was mich zur nächsten Gruppe bringt, den Newbies. Obwohl ich das gesamte Trainingslager aufmerksam verfolgt habe, kann ich den neuen Spielern Schonlau, Meffert, Muheim und nun auch noch Glatzel und Kaufmann kaum eine tragende Rolle in einem zukünftigen Mannschaftsgefüge zuordnen. Wie schon gesagt, Schonlau wird wohl als Innenverteidiger gesetzt sein, könnte auch ein Kandidat für die Kapitänsbinde werden. Aber ob Meffert wirklich DER neue Sechser ist, falls Onana doch bleiben sollte oder doch Heyer oder etwa Kinsombi, erschließt sich mir so gar nicht. Selbst Reis kam schon als Sechser und Achter zum Einsatz, da könnte Walters fragwürdige Strategie von ständig wechselnden Positionen auch eine Rolle spielen, oder einfach nur der Ansatz, dass jede Position doppelt besetzt sein soll, was für einige der Genannten die eigentlich Bestimmung sein könnte: Einfach nur die zweie Besetzung sein und gut, aber wer weiß das schon. Völlig offen erscheint mir übrigens die Position des Rechtsverteidigers: Ob Gyamerah bleiben darf und nochmal richtig performen wird, steht in den Sternen und der schlafmützige Ganzkörperkrampf Vagnoman ist für Profifußball eigentlich nicht geeignet, vielleicht wird man ihn für 2 Mio. € los und schnappt sich Jannik Dehm, der war doch schon mal im Gespräch.

Die letzte Gruppe, die völlig zurecht als letzte erwähnt wird, ist eigentlich nur eine Ansammlung von Spielern, die etwas gemein haben, nämlich dass sie zu alt, zu langsam (Grüße an Abräumer) und einfach nur zu schlecht sind: Leistner, Gjasula und Jatta/Daffeh. Diesen Spielern wurden im Trainingslager ganz klar ihre Grenzen aufgezeigt und es gab immer wieder Situationen, wo Tim Walter nicht verbergen konnte, wie ihm so technisch extrem limitierte Spieler auf den Sack gehen. Bei Jatta/Daffeh greift zwar immer noch der Bonus des Flüchtlings-Märchens, aber vielleicht hat Walter ja einen etwas subtilen Ansatz gefunden, ihn nicht mehr einsetzen zu müssen: Umschulung zum Stürmer und dadurch leider nur noch die Nummer Fünf hinter Wintzheimer, Glatzel, Kaufmann und Meißner. Könnte klappen… Alle drei sollten in einer Startelf bzw. Stammformation keine Rolle mehr spielen.

Zum Abschluss meiner persönlichen Einschätzung, die niemand teilen braucht, möchte ich noch eine Sorge äussern, die so gar nicht zu diesem ungewöhnlich perspektivisch ausgerichteten Bericht passt: Nun haben die Hobbykicker endlich mal einen Trainer, der wie bekloppt trainieren lässt und trotzdem läuft ihm die Zeit davon. Drei Jahre Entwöhnung von jeglicher Leistungskultur kann man nicht in drei Wochen wieder aufholen. Wenn Walter seinen Kader endlich mal komplett hat und das Training während der laufenden Saison ebenfalls intensiv durchzieht, könnte er die Rumpeltruppe nach einer gepflegten Wintervorbereitung zur Rückrunde eingespielt und mental fit haben. Falls er sich aber zwischenzeitlich in seinen Spielsystemen verzettelt und die Kabine verliert, könnte es ganz schnell passieren, dass Horst Hrubesch wieder übernimmt. ENDE