Ich präzisiere: Warum schreiben diejenigen, die eigentlich per Definition verpflichtet sind, über eine Sache, ein Ereignis, einen Menschen oder auch einen Verein realistisch und objektiv zu berichten, jedes Jahr wieder den gleichen dämlichen PR-Müll? Warum wird wie in einer zeitlichen Endlosschleife jedes Jahr wieder zum immer gleichen Zeitpunkt dasselbe Schwein durchs Dorf getrieben? Wie kann es sein, dass diejenigen, denen weniger intelligente Beobachter eine gewisse Expertise zuschreiben möchten, immer wieder in den gleichen Topf mit Scheiße fallen? Warum rafft sich nicht endlich mal einer auf und berichtet über das, was tatsächlich ist? Stattdessen wird auch weiterhin mit Superlativen um sich geschmissen wie mit Kamellen auf dem Kölner Karneval, jeder noch so sinnbefreite Transfer ist die ultimative Lösung aller Probleme, jeder Spieler unter 24 ist das Juwel schlechthin und der neue Trainer hat ohnehin einen Plan und Überblick, den keiner seiner zahllosen Vorgänger aufweisen konnte. Also – warum tun die das, wo doch eh jeder mit einem IQ oberhalb von 14 weiß, dass es kompletter Blödsinn ist. Nun, dafür gibt es verschiedene Gründe.

Der erste Grund ist natürlich die eigene Bequemlichkeit. Schreibe ich als Journalisten-Darsteller das, was Spieler, Trainer und Vorstand gern verbreitet haben wollen, mache ich mir Freunde. Freunde geben gern Interviews, wenn sie sicher sein können, dass sie in diesen Gesprächen gut aussehen. Freunde stecken auch mal etwas durch, von dem sie eigentlich wissen, dass der Journalisten-Simulant es eigentlich nicht wissen sollte. Freunde klatschen einen neben dem Trainingsplatz ab und vermitteln so den Eindruck von Vertrautheit. Wenn man allerdings dazu tendiert, die Realität abzubilden, ist die Arbeit mühsamer. Der Verein behandeln den Schreiber nicht mehr bevorzugt, sondern neigt dazu, den Hater von den gängigen Informationen abzuschneiden. Einladungen zu Hintergrundgesprächen bleiben wie von Geisterhand aus, die unregelmäßig stattfindende Medienrunde findet plötzlich ohne einen statt. Dies hat für den Schreiber unmittelbare berufliche Folgen, denn der eigene Ressortleiter oder Chefredakteur wundert sich plötzlich, warum all die spannenden Geschichten plötzlich woanders stehen. Als freier Journalist läuft man sogar Gefahr, seine Aufträge gänzlich zu verlieren und irgendwann unter der Brücke zu landen, sollte man es wagen, die Wahrheit zum richtigen Zeitpunkt zu schreiben und wer will das schon?

Ein anderer Grund für die Verbreitung von unrealistischen Jubelmeldungen ist der Bedarf. Wir hier sollten uns keiner falschen Vorstellung schuldig machen, die Horde derer, die immer noch bedingungslos jeden PR-Scheiß lesen und hören wollen ist nach wie vor groß. Und genau diese Horde wird eben durch Vereins-Propaganda bedient, schließlich muss man die gedruckten Produkte ja auch verkaufen,oder? Mit anderen Worten: Die Medien verbreiten absichtlich Falschmeldungen, weil der Bedarf dafür vorhanden ist. Natürlich spielen Werbekunden, die zeitgleich Kooperationspartner von Vereinen und Verbänden sind, ebenfalls eine Rolle. Wer möchte schon negative Meldungen über einen Verein lesen, den man selbst mit Millionen „unterstützt“? Nicht, dass sich ein eventuell negatives Image einer Person oder eines Vereins auf den Sponsor überträgt, das wäre nicht im Sinne des Erfinders. Ein schönes Beispiel ist an dieser Stelle das Unternehmen „Fly Emirates“, immerhin jahrelanges Mitglied in der Sponsoren-Familie des HSV. Die Scheichs guckten sich den Niedergang des Vereins jahrelang mit an und blieben bei der Stange, wohl deshalb, weil der Hamburger Flughafen einer der wenigen war, von dem man nonstop nach Dubai fliegen konnte. Als sich jedoch abzeichnete, dass das Negativ-Image des Vereins immer üblere Formen annehmen würde, sprangen die Emirate ab, sie wollten einfach nichts von diesem Image abbekommen. Dabei waren die Zahlungen, die sie jährlich nach Hamburg überwiesen, im Gesamtkontext ihrer weltweiten Sponsoren-Aktivitäten (Tennis, Golf, Formal 1 etc.) nichts als Peanuts. 

Tja, und dann gibt es noch den letzten Grund: Diejenigen, die überproportional und ungerechtfertigt positiv über eine negative Sache berichten, glauben den Dreck, den sie verzapfen, tatsächlich. Es sind Fanboys, teilweise schlimmer als das, was sich auf der Nordtribüne tummelt. Sie würden lieber selbst auf dem Rasen stehen als darüber schreiben zu müssen, aber dafür hat es nicht gereicht. Sie freuen sich wie die Schneekönige, wenn sich ein 19-jähriger Kroate mit ihnen abklatscht, sie empfinden sich dann als Teil des Ganzen. Natürlich findet eine Vermischung aller Gründe permanent statt, aber die Folge ist immer die Gleiche – das Produkt ist absoluter Bullshit. Erst dann, wenn die Katastrophe unübersehbar ist, mutieren die Simulanten wieder zu sowas wie Journalisten, aber dann ist es zu spät. Ergo – solche Berichterstattung hat es immer gegeben und wird es immer geben. Zum Glück exisiert heute jedoch die Möglichkeit, als Unabhängiger so berichten zu können, wie es die Realität hergibt. Okay, man kann dabei nicht reich werden, aber das kann man als Hofbericht-Blogger ganz offensichtlich auch nicht. Wir werden also weiterhin mit PR-„Journalismus“ leben muss, aber es liegt an uns, was wir davon glauben wollen.