Oder: Warum haben so viele ehemalige Spieler Ihren Ex-Verein HSV nicht mehr lieb?

Der aktuelle Abriss der letzten verbliebenen Ost-Säule verläuft nicht grade leise und reibungslos. Himbeer-Toni fiel erst im Derby durch unangenehm Lascheteske Fröhlichkeit auf, lieferte sich anschließend ein angebliches Kabinenwettbrüllen mit Oberochsenfrosch Walter und kippte dann erneut beim Darmstadt-Spiel Lachgas ins Bankdrücker-Feuer. Für den prompt erfolgten Rausschmiss revanchierte er sich mit einem saftigen Post bei Instagram“:

 

 

Der eine sagt, sein Account wurde gehackt. Die anderen sagen, er habe das schon selbst gepostet, aber auf drängende Intervention von Beratern, Vereinsoberen oder Ehefrau den Eintrag dann auch schnell wieder gelöscht. Dumm nur, dass das Internet, wie die meisten seiner Gegenspieler auch, schneller ist als der hüftsteife Anfangdreissiger.

Ob Fake oder nicht, sei mal dahingestellt. Das weiß ohnehin nur Leistner selbst plus eine Handvoll Eingeweihter. Aber es stellt sich eine andere Frage: Warum reden eigentlich so viele ehemalige HSVer schlecht über ihren Ex-Verein? Dieses mediale Nachkarten kennt man eigentlich nur von der Hamburger Presse gegenüber den Abgängern. Das auch andersrum ein Schuh draus wird, zeigt diese Chronik:

 

Filip Kostic

Nachdem der Serbe nach zwei mäßig erfolgreichen HSV-Jahren zur Eintracht wechselte, ließ er gegenüber dem Frankfurter Fan-Magazin „Eintracht vom Main“ diese wenig freundlichen Worte über seinen Ex-Verein vom Stapel:

„Der HSV ist ein großer Verein, der damals als Dino der Bundesliga galt. Ich hatte dort allerdings wenig Glück und musste den Verein verlassen. Dann kam die Eintracht, hat mich wieder ins Leben zurückgeholt und meine Karriere wiederbelebt.“

Wow, starker Tobak. Ins Leben zurückgeholt. Wiederbelebt. Worte voller Selbstmitleid. Dabei konnte der als Leistungsträger geholte Flügelflitzer nie sein Potential abrufen. 2018 war er Teil der Abstiegsmannschaft und anschließend sich zu fein für die zweite Liga. Kostic wurde erst verliehen, dann verkauft. Aber wieso klingt er so, als sei er an allem unbeteiligt? Man möchte ihm zurufen: Wo warst Du eigentlich die letzten beiden Jahre und warum hast Du nicht mehr für Dein Glück (und das des HSV und seiner Fans) getan? 

 

Lewis „Kasper“ Holtby

Kaum wurde der Vizekapitän und selbsternannte Wunderspieler unter Neu-Trainer Wolf erst kalt- und dann freigestellt, findet er nur wenig später gegenüber sport.de und im 11 Freunde-Interview diese zahlreichen, nach tiefer Enttäuschung klingenden Sätze für den Laden, bei dem er jahrelang Millionen rausschleppte:

„Was damals beim HSV für Gehälter gezahlt wurden und wie wir da als Mannschaft gespielt haben, das stand in keinem Verhältnis zueinander.“

„Ich wurde oft nur als raffgieriger Geldgeier hingestellt. Das war ungerecht.“

„In England habe ich in anderthalb Jahren mehr gelernt, als in allen Profijahren zuvor.“

„Enge Bindungen aufzubauen ist schwer, dafür herrscht einfach zu viel Stress um den Verein. Hamburg ist eine sehr laute Stadt.“

„Gefühlt war es ein verlorenes Jahr, aber hinterher ist man immer schlauer“

Oha, da hat aber jemand jede Menge unverarbeiteten Trennungsschmerz. Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass bei kaum einem Spieler die Diskrepanz zwischen großer Klappe und realer Leistung auf dem Platz so riesig war wie bei Lewis. Und was das ganze Herzensverein-Gerede und die Rautenküsserei wert ist, nämlich weniger als nichts, erfährt der Fan in einem kurzen Satz: 

„Von Hamburg wird nichts bleiben!“

 

Christoph Moritz

Der eher ruhige und unauffällige Mittelfeldspieler jammert nach seinem Abgang lautstark über die mathematische Allgemeinsituation und zickte besonders gegen Chefcoach Dieter Hecking:

„Viermal draußen sitzen, einmal reinkommen – das ist keine Quote, mit der ich leben kann.“

„Die Stimmung in der Kabine war schon zu schlecht.“

„Viele fühlten sich links liegen gelassen vom Trainer.“

 

Sven Ulreich

Kaum kehrte die gefallene Säule zurück an die Säbener Straße, trat der hochbezahlte Zitterfuß im TM-Interview in Richtung Sylvesterallee nach:

„Es gab ein paar Faktoren, die nicht so gepasst haben, die ich nicht näher erläutern möchte. Es war ein Jahr für mich, das ich mir anders vorgestellt, in das ich sehr viel Hoffnung reingesteckt habe. Leider ist es nicht so gekommen. Das ist enttäuschend.“

„Man hat Dinge gesehen hat, bei denen man sagt: Das möchte ich so nicht haben. Es ist wichtig, auch mal so etwas durchzumachen.“

„Ich habe vieles vorgefunden, was ich so nicht erwartet hatte.“

 

Klaus „Jetzt neu ohne Kappe“ Gjasula

Spürt bei Neuverein Darmstadt zwar eine große Befreiung durch Helmverzicht, aber dafür nur noch wenig Liebe für Ex-Verein und -Heimatstadt:

„Ich wurde aus jeder Ecke attackiert.“

„Das nimmt dir den Spaß am Fußball. Wenn du dich nicht mehr wohlfühlst, kannst du auch deine Leistung nicht abrufen.“

„Die Attacken sind heftiger als anderswo.“

 

Aber es sind nicht nur ehemalige Spieler, die schlecht über den HSV reden.

 

Heribert Bruchhagen

Ließ ein halbes Jahr nach seiner Entlassung kein gutes Haar am dem von ihm selber geleiteten Verein und knallt vor allem Holtby und Nachfolger Hoffmann was vorn Latz:

„Wenn Spieler wie Lewis Holtby sagen, ‚Jetzt macht mir Fußball wieder Spaß‘, dann fällt einem dazu nichts mehr ein. Solche Spieler haben beim HSV drei bis vier Millionen Euro verdient, aber sie haben dem Beiersdorfer den Job gekostet, dem Gisdol den Job gekostet, dem Todt, dem Hollerbach und am Ende auch noch mir.“

„Bernd Hoffmann hatte einen Masterplan. Er wollte unbedingt zurückkehren und hat das dann sehr geschickt gemacht. Das war alles vorhersehbar, und es war auch immer klar: Wenn Bernd Hoffmann diesen Job haben will, dann kriegt er ihn auch.“

 

Wohlgemerkt, das alles kam von hochbesoldeten Profis und Vereinsverantwortlichen, die hier mit dem üblichen medialen Getöse aufliefen und Sprüche klopften wie „großer Verein, tolle Stadt, super Fans, Raute im Herzen, usw.“, sich die Taschen voll machten und es auch sonst gut ausgehalten haben in der Wohlfühloase. Schön ist auch das gerüttelt Maß an Selbstmitleid. Wie sich die Fans dabei fühlen, scheint keinen der Herren zu interessieren. Mal abwarten, ob bei Leistner schon die Messe gelesen ist oder ob da noch was nachkommt.

 

Zum Schluß: Einer der Unsterblichen ist heute im Alter von 80 Jahren von uns gegangen, RIP Charlie Watts.