Wer von uns hat sich das nicht schon mehr als einmal gefragt: „Wie zur Hölle sind die denn auf den Spieler gekommen?“ oder „Wo haben sie denn den ausgegraben?“ Zumeist in Verbindung mit teuren Transferflops, wie man sie beispielsweise in Hamburg in Serie genießen durfte, fragt sich der interessierte oder ehemals interessierte Fan, wie wohl so ein Transfer zustande kommt und natürlich werden einem von Seiten der rettungslos überbezahlten Vereins-Funktionäre ganzen Bären-Herden aufgebunden. Da gibt es die Legende vom DEM Seher schlechthin, dem Mann, der DAS Auge für die Stars von morgen besitzt. Eine andere Legende erzählt die Geschichte von dem professionellen Scouting, bei dem bis zu 26 hochqualifizierte Super-Scouts in einem War-Room sitzen, der entfernt an die Brücke der USS Enterprise erinnert. An den Wänden wabern LED-Monitore wie bei einem Wallstreet-Spekulanten, die anwesenden Herren können wirklich jede einzelne Einzelheit über jeden Spieler ab 14 Jahre weltweit runterbeten, bis hin zum Namen des verstorbenen Hundes der Großmutter mütterlicherseits. 

Eine besondere Zierde seine Zunft dürfen wir in unregelmäßigen Abständen eierknetend in Hamburg bewundern. 

„Tommy ist ein sehr interessanter Box-to-Box-Player, den wir schon lange und intensiv beobachten. Er besitzt eine gute Übersicht, ein exzellentes Passspiel und ist trotz seiner jungen Jahre ein Spieler, der auf dem Platz vorangeht. Wir freuen uns daher sehr, dass wir Einigkeit über die Leihe erzielen konnten“, erklärt HSV-Sportdirektor Michael Mutzel. (Quelle: Mopo.de)

Die Nachricht, dass sich Arsenal London und der HSV nach monatelangen Verhandlungen am Donnerstag über einen Transfer des englischen Toptalents geeinigt hatten, hatte bereits am Vorabend die Runde gemacht. Über die grundsätzliche Einigung durfte sich neben Hecking vor allem Sportdirektor Michael Mutzel freuen. Der 39-Jährige stand seit Monaten mit Amaechi und dessen Familie im Kontakt – und flog immer wieder zu Verhandlungen nach London. Und obwohl Arsenal Talente grundsätzlich nur verleiht und ein halbes Dutzend Bundesligaclubs Interesse am U-18-Nationalspieler angemeldet hatten, wurde Mutzels Beharrlichkeit belohnt. Geeinigt wurde sich auf eine Ablöse von 2,5 Millionen Euro. Andererseits soll Amaechi beeindruckt haben, mit welcher Hartnäckigkeit Mutzel um ihn geworben hatte. Dem früheren Hoffenheimer war der Engländer bereits aufgefallen, als er für seinen Ex-Club 2017 immer wieder Reiss Nelson im Arsenal-Nachwuchs scoutete. (Quelle: Abendblatt.de)

Ich verstehe. Oder besser, ich verstehe nicht. Denn wie kann es angehen, dass man zwei Spieler „monatelang intensiv beobachtet“ hat und dann reicht es für beide Top-Talente von zwei englischen Spitzenteams nicht mal für eine mittelprächtige Truppe aus Deutschlands Liga 2? Hat Mutzel vielleicht weniger als Null Ahnung oder stimmt die alberne Geschichte mit dem Penetranz-Scouting vielleicht überhaupt nicht und soll lediglich als Alibi für völlig überzogene Gehälter der Verantwortlichen herhalten? Denn wie man es wirklich macht bzw. wie es tatsächlich abläuft, erklärt uns Toronto-Manager Bill Manning, dem es „nach monatelangem Scouting und intensiver Beobachtung und anschließenden Verhandlungen“ gelungen ist, den Italiener Insigne nach Kanada zu lotsen.

 

Echt jetzt? Der Mann hat einfach mal bei TM.de gesurft und ein wenig selektiert? Und dann kommt am Ende dieser Deal raus? Wer jetzt denkt, dass dies eine Eintagsfliege oder etwas ganz Besonderes ist, sollte sich nicht täuschen, denn deutlich mehr als ein Deal läuft so bzw. ist so gelaufen. In den meisten Fällen findet ein Spieler den Weg zu seinem nächsten Verein nicht deshalb, weil man ihn zuvor „über Monate gescoutet“ hatte, sondern weil ihn sein Berater bei diversen Vereinen angeboten und einer zugegriffen hatte. Dabei spielt weder eine intensive Vor-Beobachtung noch ein Atom-Scouting eine Rolle, sondern vielmehr ein Bedarf auf einer Position und eine finanzielle Machbarkeit. Natürlich werden Spieler wie Haaland oder Mbappe nicht gescoutet, die werden gehandelt und der Meistbietende gewinnt. Also wäre es doch eigentlich angenehm, wenn Hoden-Fan Mutzelbacher die Märchen vom Intensiv-Scouting unterlassen könnte, glaubt ihm ohnehin keiner mehr. Oder aber man glaubt ihm, aber dann müsste er nach seine Transferleistungen in den letzten beiden Jahren nach eben diesem Scouting morgen die Stadt verlassen und damit meine nicht (nur) Doyle und Amaechi. 

Heilige Mutter Gottes