Wir kennen sie doch alle, dieses Sprüche, die immer zum Ende einer Saison aus der Schublade geholt werden. Nun greifen die „Mechanismen des Marktes“, dabei sind es keine Mechanismen irgendwelcher Märkte, es sind die Mechanismen der Medien bzw. die Mechanismen der öffentlichen Meinung, die eben von diesen Medien bedient werden. Denn was ist eines der grundlegenden Probleme unserer Zeit? Jeder möchte möglichst durchgehend auf der richtigen Seite stehen, sich des Beifalls gewiss sein, Schulterklopfer abholen und alles, aber bloß keinem Shitstorm ausgesetzt sein. Deshalb werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Pferde im Galopp gewechselt, das Fähnchen um 180 Grad umpositioniert und plötzlich wird wie von Zauberhand das genaue Gegenteil dessen behauptet, was man noch vor Kurzem überaus offensiv nach außen posaunt hat. Fakt ist: Eine eigene Meinung will sich heute kaum noch jemand leisten, weil man ansonsten auch mit den Konsequenzen leben müsste. Diese Konsequenzen heißen in unserer Zeit unbequeme Fragen beantworten müssen, Beschimpfungen und Beleidigungen (manchmal sogar Bedrohungen) auszuhalten und tatsächlich auch den eigenen Kopf hinhalten zu müssen, falls die Sache schiefläuft. Wer will das in Zeiten von Selbstoptimierung und exzessivem Egoismus schon? 

So gesehen ist der Walter-Drops  geluscht, die Dropse Boldt und Mutzel schmelzen bereits wie Butter in der Sonne. Denn wie oft haben wir das in der Vergangenheit bereits erlebt? Eine Saison läuft so vor sich hin, die Hofberichterstatter erfinden Wahnsinnsspiele und Entwicklungen, die es nie gegeben hat, weil das Gros der Fangemeinschaft eben genau das lesen will und aus diesem Grund die Schundblätter kauft oder den Schmutz anklickt. Ob das nun alles den Tatsachen entspricht, drauf geschissen. Man steht zu diesem Zeitpunkt auf der richtigen Seite, erhält Beifall für positive Artikel oder Blogs, das Leben ist schön. Selbstoptimierung. Dann kommt der Zeitpunkt, an dem die Stimmung auch aufgrund der offenkundigen sportlichen Nicht-Entwicklung kippt und – schwupps – wird der Schalter umgelegt. Nichts ist mehr übrig vom Jubelperser-Journalismus, auf einmal wird „knallhart recherchiert“. Das alles hätte man schon vor dem ersten Spieltag machen können, aber warum die Mühe. Reicht doch, wenn man noch rechtzeitig auf den Kritiker-Zug aufspringen und den Rest der Saison (und die eigenen Artikel und Blogs) verleugnen kann.

Wie kommt es wohl, dass jetzt, genau jetzt, Experten-Runden mit Uli Stein etc. gesendet werden? Warum kommen jetzt Kritiker wie Borowka zu Wort oder warum veröffentlicht Sport1 genau jetzt ein Interview mit Jürgen Hunke. Mal zum Verständnis, Hunke sagt das, was er in diesem Interview gesagt hat, nicht erst seit gestern, sondern schon seit Jahren und eben auch am Anfang der Saison. Ab da wollte es keiner senden, es passt nicht ins allgemeine Feier-Klima. Nun aber ist die Zeit reif, sogenannte Insider zu nutzen, um die eigene Meinung zu verstärken. Soviel zum Thema Medien, aber diese Betrachtung war wichtig, um das (zukünftige) Verhalten der Vereins-Verantwortlichen begreifen zu können. Denn je mehr das von der Presse (mit Unterstützung der „Insider“) aufgebaute Druck-Szenario zu wirken beginnt, umso unangenehmer wird die Lage für die Entscheider im Verein. Weder Aufsichtsräte noch Kühne haben ein Interesse daran, sich diesem Sturm permanent auszusetzen und irgendwann wird dann die Reißleine gezogen. So, wie sich das Gerede und Geschreibe (Kein Plan B, keine erkennbare Entwicklung etc.) über Tim Walter entwickelt hat, kommt er da nicht mehr raus. Selbst wenn es ihm gelingen würde, ins Pokalfinale einzuziehen oder ein paar der letzten Spiele zu gewinnen, bei der ersten Niederlage fängt das Spiel am darauffolgenden Montag von vorn an. Das ist auf Dauer nicht auszuhalten. 

Nun ist es nicht sonderlich schwer einen Übungsleiter zu feuern, kein Verein hat darin mehr Erfahrung als der KSV. Aber was ist mit Boldt und Mutzel? Judas Boldt mag zwar ein überaus arroganter Arsch sein, aber blöd ist er nicht. So lässt er seine (letzten) Freunde bei den Medien immer mal wieder zwischen den Zeilen verkünden, dass er beispielsweise für die Transfers gar nicht zuständig sei, sondern Eiermasseur Mutzel. Boldt selbst gibt lediglich die „sportliche Richtung, die Strategie“ vor und meint damit, fein raus zu sein. Denn was kann er dafür, wenn die Blödmänner Walter und Mutzel seine Zukunftsvisionen nicht begreifen und den falschen Fußball spielen lassen bzw. die falschen Maltafüße kaufen? So gesehen sind vor einer Demission Boldts garantiert die Herren Walter und Mutzel fällig, aber das eigentliche Problem ist eigentlich Boldt selbst. Denn nicht nur, dass seine öffentlichen Auftritte dem Verein inzwischen massiven Schade zu fügen, auch seine strategischen Ideen scheinen mit den Möglichkeiten des Vereins irgendwie nicht kompatibel zu sein. Und so muss sich auch Boldt in den letzten Wochen mehr und mehr den medialen Fragen stellen, ob er vielleicht noch der richtige Mann ist. Wenn es erst so weit ist, wenn erst Interna aus Kontrollgremien durchgesteckt werden, nach denen man mit Boldts Arbeit nicht mehr zufrieden ist, ist das immer der Anfang vom Ende. 

Denn, wie am Anfang beschrieben, wenn sie alle zusammen eines gemeinsam haben, dann das Bedürfnis, immer auf der richtigen, der sicheren Seite zu stehen. Um eine Sache bzw. eine Idee tatsächlich einmal durchzuziehen, selbst gegen herbe Widerstände aus Medien und Öffentlichkeit, braucht man Eier und die hat keiner von den Lutschern dort in den diversen Ausschüssen. Das hat die Vergangenheit eindrucksvoll gezeigt. 

Zum Schluss….

….das Letzte!

Die BILD titelt „HSV-Fans zwischen Wut und Trauer“ und Atom-Fan Luca Kimmel meldet sich mit einem eindrucksvollen Statement zu Wort. 

Luca Kimmel (19): „Es ist mittlerweile die vierte Saison, die wir nicht aufsteigen und das bei dem Kader, der deutlich besser spielen könnte. Die Spieler kicken einfach unter ihren Leistungen!“

und dann….

Luca Kimmel verfolgt regelmäßig das Training der Walter-Truppe. Sein Traum: Einmal über den HSV berichten

Lieber Luca, bleib bloß am Ball. Ich bin sicher, dass dir eine eindrucksvolle Karriere bei der MOPO winkt. Hauptsache, du schreibst nicht unter deinen Leistungen 😀 😀 😀 

Göttlich.