Die Geschichte des KSV-Aufsichtsrats ist lang und sie ist (leider) nicht schnell erzählt. Denn sowohl in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart hat sich dieses Gremium, in dem man Mitglied werden kann, weil man sich einkauft oder in dem man Mitglied werden kann, weil man sich der Meinung des aktuellen Vorsitzenden vorbehaltlos anzuschließen erklärt, mehr als Belastungs-denn als Kontrollorgan erwiesen. Angefangen mit Gestalten wie Dagmar Berghoff, die sich um die Spielerfrauen kümmern wollte, über den „Rat der Ahnungslosen“ mit einer ganzen Großfamilien an Maulwürfen durchsetzt bis hin zum heutigen „Rat der Durchwinker“, der nun scheinbar endgültig zum „Rat der Eierlosen“ mutiert. Eigentlich sollte es niemanden wundern, denn immerhin wird selbiger „Rat der Eierlosen“ von einem erfolglosen Klötenlack-Verkäufer angeführt, der sich die Cremung männlicher Genitalien auf die transparente Fahne geschrieben hat oder mit anderen Worten: Was drauf steht ist auch drin. 

Der Umstand, dass beim KSV ein offener Krieg zwischen zwei konkurrierenden Parteien ausgebrochen ist, ist weder zu dementieren noch zu relativieren, denn dieser Krieg bedroht die letzten Reste eines waidwund geführten Vereins in maximaler Weise. Alle Probleme, und es sind unendlich viele, werden durch dieses Gegeneinander vervielfacht und nicht gelöst, sondern verstärkt. Fakten: Boldt, seit drei Jahren extremst erfolglos, verlangt für sich und seinen übungsleitenden Weihnachtsmann eine Vertragsverlängerung, ansonsten hat er irgendwie keine Lust mehr. Dessen Sportdirektor Mutzelbacher ist mittlerweile auf Abstand zum Heimschläfer gegangen und wie aus dem Nichts wird mal schnell an die Medien durchgesteckt, dass er es war, der sämtliche Transfers zu verantworten hat, was für ein putziger Zufall. Verstärkung hat sich diese Seite der Front durch KSV-Urgestein Horst Hrubesch geholt, natürlich nicht, weil man von seiner Expertise restlos überzeugt ist. Nein, als gewiefter Taktiker weiß Judas Boldt, wie sehr Tradition beim verblödeten Klatschvieh ankommt, da kann „Hotte“ auch durchgehend dummes Zeug labern und überdurchschnittlich erfolglos arbeiten. Er ist HH und hat damit per se immer Recht, so einfach ist das in den leeren Hüpfer-Köpfen. Wer nun also an Boldt sägt, sägt ebenso am rotgesichtigen Hrubesch und das ist im Lager der Dumpf-Lemmingen mehr als Gotteslästerung. 

Auf der anderen Seite der Schützengräben haben wir den ehemaIigen Pharma-Unternehmer und nebenberuflichen Miethai Dr. Mabuse-Wüstenschiff, der vom AR den heimlichen Auftrag hatte, trocken durchzuwischen und in diesem Verein endlich einmal aufzuräumen. Selbstverständlich war man sich darüber im Klaren, dass bei einigen der mehr als 300 Festangestellten daraufhin diverse Krokodilstränchen fließen würden, aber der pro bono-Vorstand ohne längerfristige Ambitionen schien dafür genau der Richtige zu sein. Nur eine festgelegte Zeit im Amt, finanziell angeblich unanhängig und emotionslos genug, um zu rasieren. Leider hatte sich niemand im Rat der Eierlosen vorher Gedanken darüber gemacht, was wohl passieren würde, sollte WüsteSAN scheitern. Oder noch „besser“, wenn der Mann plötzlich auf die schrille Idee kommen sollte, einen längerfristigen Vertrag mit entsprechender Besoldung einzufordern. Was dann? Kann man jemanden, der als Vorstand auch deshalb gescheitert ist, weil er mehr labert als macht, weil er sich durchgehend verbal zum Vollhorst macht und diverse (Eigen)-Geschichten schlicht und ergreifend erfindet, einfach wieder Heim ins Reich holen und ihm dem Vorsitz im „Rat der Eierlosen“ erneut übergeben, weil er so nett war, von Onkel KlauMi ein paar AG-Anteile zu erwerben? Wie bitte soll das funktionieren? 

Nun ist es aber wie immer im Volkspark, über Konsequenzen macht man sich dann Gedanken, wenn der Kahn schon zu 3/4 unter Wasser hängt und exakt so ist die aktuelle Reaktion auf den Krieg zwischen Selbstoptimier und Worthülsenproduzent zu verstehen und wer etwas anderes erwartet hatte, hat diesen Verein immer noch nicht verstanden. 

Erst mal muss die Boss-Frage geklärt werden. Nach den Differenzen im Saison-Endspurt und bei der Aufarbeitung gibt es einen Wunsch vom Aufsichtsrat: Sport-Vorstand Jonas Boldt (40) und sein Kollege Dr. Thomas Wüstefeld (53) sollen sich auf ein gemeinsames Konzept für die HSV Fußball AG einigen.

Genial. Man ignoriert die Leichen auf dem Schlachtfeld einfach mal und fordert die Buben auf, sich die Hand zu reichen und sich in Zukunft lieb zu haben. Nun, das mag vielleicht auf dem Kinderspielplatz in Bramfeld Ost helfen, wenn der kleine Kevin dem kleinen Pierre-Gilbert eine Schaufel Sand ins Gesicht geschmissen hat, in einem Wirtschaftsunternehmen funktioniert das nicht. Aber anstatt, wie beispielsweise in Dortmund, Gladbach oder Wolfsburg, eine unbeliebte Entscheidung mit einem klaren Schnitt zu vollziehen, flüchtet sich der vom Pinselreiniger angeführte Rat der Eierlosen in eine beinahe schon revolutionäre Forderung: Man verlangt mit dem größen Etat der Liga in der nächsten Saison unmißverständlich den Aufstieg, basta. Wow, das hat gesessen. Nun hätte man dieses Ziel bereits vor zwei oder drei Jahren exakt so formulieren müssen (nicht können), aber da hatte man noch die Hoffnung, dass sich die Sache irgendwie von allein löst. Also ungefähr so wie die finanzielle Situation, die Stadionsanierung, die Schulden und und und. Ein typischer Jansen halt, aussitzen statt entscheiden. Denn viel wichtiger auf der Agenda des buchbaren Keynote-Speaker als sportlicher Erfolg für „seinen“ Verein ist das Bedürfnis, beliebt bei den oberkörperfreien Brüll-Oaks und den in Blogs und Foren holprig formulierenden Frührentnern zu sein. 

Auf jeden Fall können wir uns sowohl auf eine spaßige Sommerpause wie auf eine noch spaßigere 5. Saison in der zweiten Liga freuen. Das Kriegsbeil werden Judas und Wüstenmaus jedenfalls nicht begraben, weil Jansen es gern so hätte und die verunsicherten und von Boldt aufgestachelten Mitarbeiter werden Mabuses Sparkurs auch nicht so einfach hinnehmen. Wir dürfen also gespannt sein, inwiefern sich die Anzahl der Vereins-Maulwürfe vervielfachen wird, aber eigentlich sollte sich niemand wirklich Sorgen machen. Nachdem der KSV am Ende der nächsten Saison im Elfmeterschießen der Relegation denkbar knapp an Werder Bremen scheitern wird, wird sich der Verein erneut in den Matrix-Endlosschleife begeben. Präsident Pinselreiniger wird dann von einer „sehr geilen Saison“ faseln, der Bart von Malle-Timmi wird bis zum Bauchnabel reichen, Boldt hat bis dahin 26 top-dotierte Angebote aus Italien verworfen und Horst Hrubesch sieht aus Obelix in der Endphase. Macht aber nichts, denn immerhin ist man „bei sich geblieben.“

https://taz.de/Die-steile-These/!5855603/

Anbei noch eine kleine Lese-Empfehlung, ein wirklich sehr geiler Text. Als ich ihn las, habe ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass der Autor auf den KSV zu sprechen kommt, aber da kam nichts. Auch ein Zeichen für die Irrelvanz dieses Vereins. Das macht was mit mir. 

Jaja, ich weiß, Ukraine-Krieg. Entspannt euch, ihr Vollpfosten, es ist nur ein Video.