Nun denn…

Nur einen Tag nach der Trauerfeier für Uwe Seeler und mitten im Führungsstreit des Vereins meldet sich der Milliardär Klaus-Michael Kühne mit einem Paukenschlag. Er will erneut in den HSV investieren. Diesmal im ganz großen Stil. Wie er am Donnerstag über seine Kühne Holding AG mitteilen ließ, bietet er der HSV Fußball AG „finanzielle Unterstützung von 120 Millionen Euro“ an. Das Angebot ist geknüpft an einen Katalog von Forderungen. (Auftragsblatt)

In den letzten Stunden ist die öffentliche Mitteilung!!! der Kühne Holding AG bereits gelesen, diskutiert, aber leider oftmals nicht verstanden worden, befürchte ich. Vielleicht können wir ein wenig Licht ins Dunkel bringen…

Zunächst einmal – warum muss man dieses spektakuläre Vorhaben eigentlich per Pressemitteilung öffentlich machen? Man hätte den Vorschlag schließlich auch in den Aufsichtsrat bringen und zur Diskussion stellen können, als Angebot an den Verein. Hat man aber nicht, weil es nicht zu Kühne gepasst hätte. In der Vergangenheit hat der alte Mann aus Schindeleggi vielfach gezeigt, worum es ihm geht und dieses „worum“ ist eben nicht der inzwischen in Kühnes Sport Verein umbenannte Verein. Kühne will in der fernen Schweiz Aufmerksamkeit und er will das, was er immer wollte: Seinen Willen durchsetzen. Dazu ist ihm jedes Mittel Recht, zur Not auch ein offen geführter Krieg innerhalb der Klubgremien, der diesen ohnehin schon weidwund geschossenen Verein noch weiter schwächen wird. Kühne ist das egal, er weidet sich am Chaos. 

Die nächste Frage wäre die Frage nach dem Zeitpunkt – warum gerade jetzt? Nun, Heuschrecken und Investoren handeln grundsätzlich so, dass sie den bestmöglichen Zeitpunkt für die feindliche Übernahme abwarten und dann zuschlagen, wenn die Not am größten und der Preis am kleinsten ist. Im Moment liegt der Verein nahezu wehrlos am Boden, der Zeitpunkt könnte nicht besser sein. Vorstand und Aufsichtsrat sind im fünften Jahr Zweite Liga heillos zerstritten, die Anhänger durch den Verlust Uwe Seelers maximal emotionalisiert. Was passt also besser ins Bild, als sich ausgerechnet jetzt als Retter der Enterbten zu präsentieren, der all das Chaos mit einem Handstreich (und einem Scheck) wegwischen und beenden kann? Als Pflaster für die Traditionalisten-Seele gibts dann nochmal 10 Jahre lang Uwe Seeler-Stadion als Goodie, der Mann hat schließlich ein Herz. Natürlich ist der Zeitpunkt am Tag nach der Abschiedsveranstaltung Seelers seit langem geplant, schließlich sind hier keine Übernahme-Amateure am Werk, siehe Lufthansa etc. 

Seit 2014, also seit der Ausgliederung, hört man von Kühne immer wieder in regelmäßig unregelmäßigen Abständen, dass er vom Verein die Faxen dicke hat. Mal „bleiben nur die Luschen hängen“, mal möchte er, dass die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird, weil er allein nicht der Retter sein kann. Dann möchte er mit all dem nichts mehr zu tun haben und im besten Fall all seine Anteile verkaufen und so weiter. Warum also ausgerechnet jetzt die Kehrtwendung und das Angebot, den Verein quasi zu übernehmen? Sinneswandel mit 85? Was stört mich mein Gelaber von gestern? Neu entflammtes Interesse am Verein? Oder vielleicht etwas ganz anderes?

Wie das Abendblatt erfuhr, will Wüstefeld die Kühne Holding verklagen. Konkret hat Wüs­te­felds Anwalt den Vorsitzenden der Kühne Holding, Karl Gernandt, der früher selbst HSV-Aufsichtsratschef war, der „arglistigen Täuschung“ beschuldigt und gedroht, den Gerichtsweg zu bestreiten.

Ist es vielleicht möglich, dass Wüstefeld und seine Finanz-Analysten im Zuge der Bücherdurchsicht auf Informationen gestoßen sind, die dem Kernbeißer so gar nicht in den Kram passen, wenn sie bekannt werden? Und dass man deshalb diesen Vorstoß unternommen hat, um vom eigenen Drama abzulenken? Denn kaum einer wird von der Kühne-Initiative so gedisst wie Desertfield, er ist das Ziel aller Kühne-Bemühungen. Der Mann muss nicht nur raus aus allen Gremien, sein Ruf muss auch noch unwiederbringlich geschädigt werden, damit sein Wort in der Öffentlichkeit keine Bedeutung mehr hat. Und wenn Kühne der Wüstefeld-Schlachtplan ca. 100 Mio. wert ist, was könnte der Pillendreher dann gefunden haben? Warten wir’s ab.

Niedliches und von besonders dünn angerührten Hüpfern gern als Grund vergewaltigtes Argument: „Wenn Kühne übernimmt, dann kommen endlich einmal Experten ans Ruder“. Genau, das wäre dann wirklich neu. Also solche Experten wie Kühnes Adlatus Karl Gernandt, ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender? Oder ein Experte wie Marcell Jansen, ebenfalls Würdenträger von Kühnes  Gnaden? Oder vielleicht jemand wie Ex-Vorstand Düdü Beiersdorfer, den Kühne wollte, genauso, wie er Wettstein und Hilke unbedingt wollte. Er wollte Frömming und Peters, die beide aktuell im Aufsichtsrat sitzen und er wollte sich auf die sportliche Expertise der Herren Struth und Calmund verlassen, wohin das den Verein gebracht hat, kann man am momentanen Zustand ablesen. Und natürlich ein Experte wie Thomas Wüstefeld, dem Kühne selbst erst durch den Verkauf der AG-Anteile zuerst in den Aufsichtsrat und später in den Vorstand verhalf. Bei all diesen Erfolgsgeschichten sollte man sich auf die nächste Runde an Kühne-Experten tatsächlich freuen. 

Meine Meinung: Unbedingt machen! Die Mitglieder sollten unbedingt für Kühnes Offensive stimmen, sollten endlich öffentlich zugeben, dass dieser Verein kein Stück anders oder besser ist als RB Leipzig oder SAP Hoffenheim. Am Besten wäre es, Kühne den Verein komplett zu übergeben, was allerdings zum aktuellen Plan auch keine große Veränderung mehr wäre. Und dann lasst die Experten mal machen, ich bin sicher, so viel gelacht haben wir seit Jahren nicht. Wenn wir aus der Distanz beobachten, wie Kühne um Dinosaurier wie MagathHH winselt oder wie sich Verbrecher wie Struth mit KSV-Geldern die Taschen füllt. Ich verspreche, das wird eine einzige große Party, zumal dann auch unter Garantie jedes Problemchen über die Presse kommuniziert werden würde. Meine Befürchtung ist nur, dass ich irgendwann einer Popcorn-Vergiftung erliege, dem KSV jedenfalls wäre auch mit € 300 Mio. nicht geholfen, der Verein ist tot. In den letzten 8 Jahren ist nichts beim KSV passiert, ohne dass Kühne es aus dem Hintergrund abgenickt hat. Macht es offziell, dann ist der Mann auch endlich offziell für den Tod des Klubs verantwortlich. 

P.S. Wer jetzt übrigens richtig in der Scheiße sitzt, ist Präsident Pinselreiniger. Wenn er als Präsident und Vorsitzender des Aufsichtsrats Kühnes Vorschlag ablehnt, wird man ihm vorwerfen, er hätte den allerletzten Rettungsanker verworfen. Wenn er Kühnes Initiative befürwortet, wird man ihm vorwerfen, er hätten den Verein verkauft. Der Eiercremer kann nicht gewinnen 😀 😀 😀 

Hier nochmal alle Bedingungen der feindlichen Übernahme

1. HSV und Kühne Holding AG bilden einen ständigen Arbeitsausschuss, der sich um die strukturelle, finanzielle und sportliche Entwicklung der HSV Fußball AG kümmert und sie überwacht! Auch die Gremienbesetzung wird im Ausschuss festgelegt, bei Streit soll eine neutrale Person schlichten und entscheiden.

2. Ziel: Die Eigenkapitalstruktur der HSV Fußball AG stärken, um 25 Mio. in Stadionsanierung, 20 Mio. in Schuldenabbau und 20 Mio. in den sportlichen Erfolg zu stecken.

3. Die Kühne Holding AG steckt 60 bis 80 Mio. in die Fußball AG. Aber nur, wenn die Anteile neu verteilt werden: HSV 50,1 %, Kühne Holding AG 39,9 %, andere Gesellschafter 10 %.

4. Die Mitgliederversammlung muss neuen Beteiligungsverhältnissen zustimmen.

5. Die unter Punkt 2 genannte Kapitalerhöhung basiert auf einem Wertgutachten von HSV und Kühne.

6. Kühne garantiert für die Mittel, wenn noch andere Sponsoren einsteigen, zahlt er weniger.

7. Die Kühne Holding AG kauft für 10 Jahre Namensrechte am Stadion, nennt es Uwe-Seeler-Stadion und zahlt pro Saison 3 bis 4 Mio. an die HSV Fußball AG. Macht über 10 Jahre bis zu 40 Mio. Euro!

8. Kühne zahlt ein Strategie- und Strukturgutachten, um den HSV modern und schlagkräftig aufzustellen.

9. Die neue Vorstandsstruktur richtet sich nach dem Gutachten. HSV und Kühne stellen dort je zwei Vertreter. Eine neutrale Persönlichkeit mit sportlicher Fachkompetenz soll das Gremium ergänzen.

10. Oberstes Ziel ist ein erfolgreiches Abschneiden des HSV in Liga 2. Dafür sind hohe Kompetenz in Vorstand und Aufsichtsrat nötig.