Es gibt Dinge, die verbieten sich. Und nach meiner Auffassung verbietet es sich, Steilpässe nicht aufzunehmen und sie zu analysieren. Der heutige Steilpass stammt von, wen würde es wundern, Insolvenzblogger Münchhausen Scholz himself, ich zitiere:

 Ich wurde mal gefragt, was das Schönste und was das Schlimmste an meinem Job als HSV-Reporter sei. Und ich habe geantwortet: „Dass ich den HSV hautnah erleben kann.“ Denn abgesehen von vielen spannenden Einblicken, tollen Begegnungen und sportlichen Highlights liefert dieser Job eben desillusionierende Einblicke

Hach Gott, ein tiefer Einblick in die Bloggerseele, aber halt ebenso offen wie verlogen. Ich kann bestätigen, dass ich dieses Gefühl bzw. diese beiden Gefühle kenne. Plötzlich ist man in irgendeiner Form bekannt, plötzlich ist man, auch wenn es nicht darauf angelegt hat, irgendwie ein Teil des Ganzen. Man wird von Offiziellen kontaktiert, man wird teilweise sogar nach seiner Meinung gefragt und man denkt, dass man tatsächlich einen Verein, den man über viele Jahre als Fan begleitet hat, hautnäher erleben kann, was wahrscheinlich sogar stimmt. Jedoch, und nun kommt das große ABER, kann ich in keinster Weise nachvollziehen, wie man nach dem „Genuss“ dieser Einblicke in Abgreiferei, Machtgeilheit, persönlicher Vorteilnahme und Intrigantentum immer noch als bekennender Hofberichterstatter unterwegs sein kann. Bei mir haben all diese gewonnenen Erkenntnisse dazu geführt, dass mir zum Kotzen zumute war, wenn ich an diesen Verein gedacht habe, bei Münchhausen und seinen „geschätzten Kollegen“ von BILD, Auftragsblatt und Mopo, die das Schicksal der Erkenntnis unter Garantie teilen, ist es ebenso. Denn anstatt auf die Erleuchtung zu reagieren, den Fans, Anhängern und Lesern die Wahrheit über den Verein, seine kaputten Strukturen und die handelnden Personen aufzutischen, wird auch weiterhin auf heile Welt gemacht, weil man meint bzw. weiß, dass sich diese heile Welt besser verkaufen lässt.

Die Vereins-Interessierten wollen nicht lesen, wie kaputt ihr Fetisch ist, sie wollen lesen, dass alles gut wird. Dass die Verantwortlichen den totalen Durchblick haben, dass die Zukunft rosa ist und dass alles auf dem richtigen Weg ist, endlich. Die Tatsache, dass dies natürlich ausgemachter Blödsinn ist, ist den Schreibern und Berichterstattern bewußt, aber trotzdem verkünden sie das genaue Gegenteil. Mit anderen Worten: Sie belügen ihre Kundschaft. Vorsätzlich. Sie zimmern eine nicht vorhandene Realität zusammen, von der sie genau wissen, dass sie mit der Wahrheit nichts zu tun hat. Damit aber nicht genug, denn durch eben dieses Verhalten machen sie sich nicht nur mit-, sie machen sich hauptschuldig. Wie ein Zeuge vor Gericht, der eine Falschaussage tätigt und damit dem Verbrecher zur Freiheit verhilft, die dieser dafür nutzt, weitere Verbrechen zu begehen. Insofern ist Münchhausens Coming out unglücklicherweise kein Befreiungsschlag, sondern das Eingeständnis, all die Jahre gelogen zu haben. Wie nahezu 99% seiner „Kollegen“ auch. Sorry, aber es will mir einfach nicht in den Kopf. Wie kann man WISSEN, was dort seit Jahren getan wird bzw. nicht getan wird und trotzdem noch verkünden, wie geil es im Volkspark doch ist? Wie kann man WISSEN, wer sich dort alles die Taschen mit fremdem Geld vollgestopft hat und sich am Wochenende dennoch auf der Tribüne gegenseitig abklatschen, als Journalist? Wie verlogen kann man sein, wenn man all dieses Wissen und diese Erkenntnisse unterdrückt und vorsätzlich die Unwahrheit verbreitet, seit vielen Jahren?

Dabei könnte ich, wenn ich mir sehr viel Mühe gebe, noch im Ansatz verstehen, was in einem festangestellten Journalisten vor sich geht, der bestimmen Vorgaben der eigenen Redaktion unterworfen ist und der teilweise nicht so kann, wie er vielleicht möchte. Aber als freier Blogger, der mit dem Schwachsinn keinen Cent verdient? Wäre es da nicht sogar Pflicht, die Wahrheit auf den Tisch zu legen? Doch an dieser Stelle greift ein weiterer Mechanismus und der bewirkt, dass man gemocht werden möchte. Münchhausen möchte, dass ihn seine Leser als den gut informierten, im Verein verankerten und ehrlich berichtenden Blogger wahrnehmen, der ihnen die Vereinswelt schön malt. Sowas machr beliebt, unbeliebt macht, wenn man die Wahrheit sagt, das war schon immer so. Neulich schrieb ein Leser etwas von „Hände schmutzig machen“ und das trifft den Punkt. Die Hände möchte sich heute niemand mehr schmutzig machen, einem Shitstorm oder permanente Beleidigungen auf dem Spamfilter möchte sich niemand mehr geben. Dann doch lieber die Geschichte vom großen Verein erzählen, ab und zu mal garniert mit ein paar kleinen kritischen Untertönen und der ständigen Behauptung, dass man doch genau das, was gerade passiert, bereits vor Monaten  kritisiert hatte. Obwohl das natürlich nicht stimmt, aber kontrolliert es jemand? 

Ein letztes Wort von mir zu den angeblich anstehenden Vertragsverlängerungen, die die beiden betreffenden Herren oft und gern aneinander koppeln (obwohl der Eine der Vorgesetzte des Anderen ist), die aus meiner Sicht aber absolut separat zu sehen sind. Tom Walter war fünf Spieltage vor Ende der letzten Saison im Grunde schon Geschichte, eigentlich war er entlassen. Dann gewann man ein paar Spiele gegen sportliches Fallobst, für das es um nichts mehr ging, verkackte aber erneut in der Relegation. Und an  diesen Mann, der auch in dieser Spielzeit erkennbar nichts dazugelernt hat, möchte man sich längerfristig binden? Warum jetzt? Warum nicht das Ende der Saison abwarten. Glaubt wirklich jemand, Walter hätte eine vergleichbare Alternative? Und selbst wenn es einen anderen Zweitligisten geben sollte, der ihm ein Bundesligagehalt zahlen möchte, soll er. Trainer wie ihn gibt es Hunderte. Bei Judas Bildt liegt die Sache noch ein wenig krasser, er versucht nun schon zum zweiten Mal, den Verein mit fingierten Angeboten zu erpressen. Ein Aufsichtsrat, der das mit sich machen lässt, handelt grob fahrlässig und gehört aufgelöst. Aber auch hier (im AR) geht es doch eigentlich gar nicht um den Regenjogger, es geht darum, welche Fraktion sich durchsetzt. Dieses Spielchen bei Männern (und einer Frau), die ein Ehrenamt bekleiden, wird den Verein wieder einmal Millionen kosten. Aber – ist ja nicht ihr Geld. Und die Erklärung, man müsste mit Bildt verlängern, weil er sich so gut im Verein auskennt und ein Nachfolger sich einarbeiten müsste? Einfach nur lächerlich.