Es liegt in der Natur des Deutschen, seine Vorbilder und Idole zu Fall bringen zu wollen, wenn sie nicht so sind, wie er sie gern hätte. Fehlerfrei, blütenrein, ohne Tadel, unmenschlich. Dann ist der Deutsche schneller als jede andere Spezies dieses Planeten bereit, dem- bzw. derjenigen, den/die er gestern noch bejubelt und bewundert hat, jeden Eimer Dreck hinterherzuwerfen, der gerade auffindbar war. 

Franz Beckenbauer (78) ist heute gestorben und man muss wahrlich kein Prophet sein, um zu wissen, dass es einen wie ihn nicht wieder geben wird. Nicht in Deutschland, nirgendwo, denn seine Art, dieses Spiel zu spielen ist durch die Entwicklung des Fußballs, nicht nur des sportlichen Teils des Fußballs, zur Unmöglichkeit geworden. Das, was Uwe (Seeler) für Hamburg und Fritz (Walter) für Kaiserslautern war, war Franz (Beckenbauer) für Deutschland und nur die ganz Großen erkennt man daran, dass man nur ihren Vornamen nennen muss, um zu wissen, um wen es geht. Ich hatte das große Glück, Beckenbauer noch spielen sehen zu können, sein Spiel hatte bereits damals eine andere Dimension, so wie es das Spiel von Eusebio, Pele, Johan (Cruyff) und später Diego (Maradona) hatte. Beckenbauer hatte im kleinen Zeh des linken Fußes 1888% mehr Gefühl als es 34 Daffehs im ganzen Körper haben, er spielte Pässe mit dem Außenrist, bei denen sich die meisten Spieler heute einen Riss des vorderen Kreuzbandes zuziehen würden. Was bei anderen nach Arbeit aussah, war bei ihm nichts als Leichtigkeit.

 

 

Die Vorwürfe, bis heute nicht bewiesen, im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006 wirken angesichts von Blatter, Infantilo, Katar, Saudi-Arabien und und und nicht nur lächerlich, sondern dümmlich, aber so ist er nun mal, der Klugscheißer-Deutsche. Für mich bleiben unglaubliche Fähigkeiten, zwei Weltmeisterschaften (Spieler und Trainer), blütenweiße Trikots bei Schweinewetter, eine Armschlinge, ein schelmisches Grinsen, ein bayerischer Dialekt und das Bild des Teamchefs, allein auf dem römischen Rasen in Erinnerung, ich bin mir sicher, dass Beckerbauer dieses Bild weder geplant noch beabsichtigt hatte, das hatte er gar nicht nötig. Diejenigen, denen etwas anderes bleibt, tun mir leid. 

R.I.P. Franz

 

P.S. Franz Beckenbauer hat etwas geschafft, was vor ihm in dieser Form keiner schaffte und was mehr wert war als alle Meisterschaften, die er erringen konnte – Beckenbauer zeigte Generationen von Jungs und Mädchen, dass Ballzauberer nicht nur aus Rio, Santos, aus Brasilien, Argentinien oder Spanien kommen müssen, sondern sogar aus Giesing kommen können.