Die Zeichen stehen auf Sturm im Volkspark. Der verblödete Angriff des primitiven Übungsleiters auf den Chef des Nachwuchsleistungszentrums, der erzwungene Abgang des Präsidenten des größten Anteilseigners aus dem Aufsichtsrat, die erneut vollkommen verkackte Transferperiode und nun auch noch die zweite Heimniederlage in Folge, gegen eine Mannschaft aus Karlsruhe, die vor dem grandiosen 4:3 gegen die Stolperjochen von der Sylvesterallee ihr letztes Auswärtsspiel im Juli 2023 gewonnen hatte, es läuft genauso, wie man es ernahnen konnte. Nun könnte man als Journalisten-Simulant Grundlagenforschung betreiben, könnte sich zum Beispiel die Daten angucken, die sich HSV-Arena anguckt, anstatt Transfers als perfekt zu melden, die alles sind, aber eben nicht in trockenen Tüchern, aber das ist nicht gewollt und dafür wurde auch nicht bezahlt. Also muss man ganz schnell gegensteuern gegen die aufkeimende Unruhe und die zunehmende Unzufriedenheit in der Anhängerschaft und was bietet sich da besser an als ein Interview mit dem nächsten verblödeten Fanboy. Diesmal ist es dieser Spobis-Kasper und man muss sich einfach mal die Mühe machen und auf die kleinen Zwischentöne achten, mit denen das Kampagnenblatt versucht, die Stimmung zu beeinflussen. Es beginnt bereits mit der Überschrift.

„Wäre der HSV eine Aktie, müsste man einsteigen“

Genau. Was bietet sich besser als Investment an als ein zutiefst zerstrittener Verein ohne Führung, der seit 6 Jahren in der Unterklassigkeit dümpelt, obwohl er ein Vielfaches dessen investiert, was seine Kontrahenten in die Hand nehmen.

Dass Spobis-Chef Klewenhagen einer der versiertesten Kenner des Fußballbusiness ist…

Sagt wer? Das Kampagnenblatt? Na, dann muss es wohl stimmen. Aber bereits vor der ersten Jubel-Aussage wird dem geneigten Leser mitgeteilt, dass man es hier mit einem absoluten Experten zu tun hat. Nicht, dass da noch Zweifel an der Objektivität aufkommen.

„Wirtschaftlich ist der HSV besser denn je aufgestellt“

Aber klar. Deshalb musste man zur Sanierung der Volksparkruine mal wieder € 20 Mio. aufnehmen, vergessen sind die vergeigten € 23,5 Mio. aus dem Verkauf des Vereinsgeländes, vergessen die verknallten € 11 Mio. Corona-Hilfe, der Verein schwimmt im Geld, weiß der Experte. Ach, die € 30 Mio. Kredit von Kühne aus dem April 2023 hatte ich doch glatt vergessen.

Zu stark will Klewenhagen allerdings nicht am Trainerstuhl von Tim Walter sägen. „Von Taktik habe ich nicht so viel Ahnung.“ 

Warum auch? Man stelle sich vor, der Atom-Experte würde etwas Negatives über das behinderte Sparkassen-Tikitaka der asozialen Bartlaus sagen und man müsste das dann drucken.

„Man darf aber auch nicht vergessen, dass die Ultras nur ein bis zwei Prozent der Mitglieder ausmachen“

Jawoll. Bloß schnell alle Bedenkenträger als Randgruppe brandmarken, das klappt immer gut beim KSV.

Und der HSV? „Die werden natürlich auch sehr gut auf dem Spobis vertreten sein“, sagt Klewenhagen. Die Vorstände Jonas Boldt und Eric Huwer haben zugesagt, genauso wie Präsident Marcell Jansen. „Momentan ist der HSV ja so etwas wie der FC Bayern der Zweiten Liga“

Hurra. Am Ende dieses sogenannten „Gesprächs“ dann nochmal ein Jubelschrei auf den „FC Bayern der zweiten Liga“, mit dem Unterschied nur, dass die Bayern ihre Saisonziele im Normalfall erreichen, der KSV jedoch nie. Spielt aber alles keine Rolle, denn der Kampagnenblatt-Doofleser wurde wieder bedient und beruhigt, nachdem er unmittelbar nach der Niederlage gegen den KSC kurzzeitig Blut im Urin hatte. Denn nun hat er es (mal wieder) schwarz auf weiß, der KSV ist super aufgestellt, schwimmt im Geld und bietet Endlos-Spektakel. Und nach einer Niederlage in Berlin werden sich die Hofschranzen erneut auf die Suche nach einem Dauerkarten-Spacken begeben, der den Sektierern das erzählt, was sie lesen wollen.