Knapp scheitern ist geil

Je öfter ich darüber nachdenke, je mehr komme ich zum dem Schluss, dass der KSV sein Geschäftsmodell gefunden hat und das lautet: Knapp scheitern ist geil. Auf jeden Fall geiler als die Alternative – aufzusteigen und als Kanonenfutter zu enden. Denn machen wir uns doch nichts vor: Diese charakterlose Truppe hat in der Bundesliga ungefähr soviel zu suchen wie die 4. Alte Herren von Grünhof Tesperhude. Gucken wir uns doch die Situation der letzten inzwischen fast 6 Jahre an. Jedesmal steht man zum Ende der Halbserie auf einem Aufstiegsplatz, jedesmal verkackt man auf rätselhafte Art und Weise den direkten Weg ins Oberhaus, jedesmal erklärt man, dass man im nächsten Jahr den nächsten Anlauf unternehmen wird. Es regiert das Prinzip Hoffnung, es wird wieder investiert, die verblödeten, hoffnungsvollen Anhänger kaufen Dauerkarten, die Sponsoren sind an Bord, alles ist schön. Vor allem ist die Bude immer voll und man gewinnt in der zweiten Liga öfter als man verliert, was eine Klasse höher komplett anders aussehen würde. Was noch erleichternd hinzukommt: Man kann sich als Top-Team der Liga empfinden und postionieren, man bestreitet Top-Spiele in einer Liga, die teilweise mehr Zuschauer anzieht als das deutsche Oberhaus. 

Wie würde das denn aussehen, würde man aus Versehen doch einmal aufsteigen? Nichts ist mehr mit Top-Spiel, man ist wieder die graue Maus, die man in den Jahren nach dem letzten Pokalsieg in Berlin war. Die Top-Spiele heißen Leverkusen gegen Bayern und Dortmund gegen Leipzig, aber garantiert nicht KSV gegen Bochum. Und wie sich der Anhang verhält, wenn man plötzlich nicht mehr häufiger gewinnt als verliert, kann man in den letzten drei Wochen wunderbar beobachten. Rebelliert die Anhängerschaft, wird auch das Echo in der Presse unangenehmer, da spielt es überhaupt keine Rolle, ob man nicht mehr der Favorit, sondern der Underdog ist. Pöbeln die Hofberichterstatter, ist es auch ganz schnell vorbei mit dem Wohlwollen der Sponsoren, die Akquise wird deutlich schwieriger, obwohl man eine Klasse höher kickt. Grundsätzlich: Die Stimmung im und um den Verein würde deutlich dunkler werden, wenn man eben nicht mehr auf einem der ersten drei, sondern auf einem der letzten drei Plätz steht. Merke: Besonders im Volkspark gilt – lieber Top in der zweiten als Flop in der ersten Liga.

Das Ganze hätte man bis zum St. Nimmerleinstag spielen (und kassieren) können, wäre da nicht dieser unangenehme Verein aus der Stadtmitte, der sich eben nicht mit einer Existenz in der Liga der Maltafüße zufriedengeben will. Denn wie will man das argumentativ verarbeiten, dass man selbst es nicht gebacken kriegt, die Braun-Weißen aber mit wesentlich weniger Geld halt doch. Scheiße gelaufen. Machen wir uns doch nichts vor, haben Judas and friends denn wirklich in den letzten 5 Jahren so etwas wie Druck bekommen? Von irgendwem? Haben sie nicht, weder vom Aufsichtsrat, noch von den Medien und den Fans, noch nicht mal von Kühne. Eigentlich war man doch nicht nur “fein”, sondern man war glücklich mit dem IST-Zustand, bis ja bis eben St. Pauli kam und dem KSV, wohl eher den Fans und den Medien zeigt, wie’s geht. Wenn Heidenheim, Darmstadt oder Bielefeld besser sind – shit happens. Wenn aber der verhasste Stadtrivale plötzlich das erreicht, von dem man selbst immer behauptet hatte, es erreichen zu wollen, dann ist es eben großer Mist, zumal die es auch noch ohne schweizer Steuerflüchtling, ohne Hamburger Steuerzahler-Millionen und ohne Doper sowie Identitätsbescheißer schaffen. 

Und jetzt, liebe Freunde, sitzt ihr richtig in der Scheiße.

Von | 2024-03-13T07:31:58+01:00 13. März 2024|Allgemein|14 Kommentare

14 Comments

  1. HamburgerJung70 13. März 2024 um 08:25 Uhr

    Gut gesprochen! 😃😃😃😃😃

  2. BesuchausdemSueden 13. März 2024 um 08:42 Uhr

    Sehe das genauso. Zumal ja auch kaum ein Spieler über Erstligaerfahrung verfügt. Glatzel, Benes, Knatterbach, Öztunali saßen ja bei ihren Erstligastationen mehr auf der Bank rum als das sie auf dem Feld standen. Heyer/Kuheim würden gegen die schnellen und austrainierten Erstligaaußenstürmer kein Land sehen und Herr Meffort ist ebenfalls viel zu langsam. Man konnte es ja bei den diversen Pokalduellen und Relegationsspielen sehen was auf die Mannschaft wöchentlich zukommen würde und die Ergebnisse waren alle ernüchternd. Ob dann das Umfeld ( Fans/Presse) eine Auswärtsniederlage in Hoffenheim an einem verregneten Sonntag noch in die Kategorie ” scheiss egal, wir bleiben bei uns” packen würde ist auch fraglich. Um also in der Bundesliga halbwegs bestehen zu können müsste der Gurkenmann großzügig seine Schatulle öffnen und selbst dann gibt es im Fussball keine Garantie ( siehe zB Hertha ) das das auch funktioniert.

  3. ToniHH 13. März 2024 um 09:01 Uhr

    Herrliches Geschäftsmodell Reli zu spielen und zu versagen. Jede Saison auf mindestens 40 Mio€
    Mehreinnahmen zu verzichten.

    Einmalig…sollte man patentieren dieses Atom-Geschäftsmodell…weiter so…

    • StPatrick 13. März 2024 um 21:07 Uhr

      Ich glaube, “Geschäftsmodell” ist nicht das, was beabsichtigt wird. Es dreht sich ausschließlich um ein Selbstbereicherungsmodell der Selbstoptimierer in Vorstand, Mannschaft und Staff.
      Alle wissen, dass sie beim KSV deutlich über Wert bezahlt werden und dass dies nur solange bleibt, solange das Umfeld regelmäßig Erfolge feiern kann. Und das geht eben nur in der 2. Liga, denn als Mindestmaß für Erfolg reicht in St. Ellingen ein Sieg alle paar Wochen aus. Was am Ende einer Saison unterm Strich rauskommt ist bei diesen notorischen Underperformern nachrangig… sisso

  4. Hein Bloed 13. März 2024 um 09:10 Uhr

    Das Hauptproblem im Falle eines Aufstiegs dürfte der überteuerte Kader mit dem Langzeitverträgen sein.
    Von diesen Spielern dürfte kaum jemand erstligareif sein, hinzu kommt noch der Erstliga- Zuschlag im
    Falle eines Aufstieges für die Spieler. Das macht eine vorzeitige Vertragsauflösung noch mal teurer…

    Ich glaube ich lege mir noch einen kleinen Vorrat an Kartoffelchips zu.

  5. gordianus 13. März 2024 um 09:10 Uhr

    Moin!
    Ich lese hier immer mal wieder den Begriff “der Gurkenmann”!
    Leider fehlt mir da irgendwie der Zusammenhang.

    @”BesuchausdemSueden”: was ist denn damit gemeint?

    • Rudi 13. März 2024 um 10:39 Uhr

      Hallo gordianus,

      das ist ein running gag der sich auf Klaus Michael Kühne bezieht. Viele glaubten, es handle sich um den Herrn Kühne aus dem Konservenbereich. Noch heute springen manche in HSV-Foren darauf an, und wollen die Leute belehren, dass es sich beim Geschäftsmodell von Herrn Kühne mitnichten um Gurken und Senf handelt, sondern um die Logistik Firma Kühne und Nagel. Dies ist aber heute eigentlich allgemein bekannt. Es triggert wohl manche, wenn Kühne mit Gurken in Verbindung gebracht wird. Deshalb also scherzhaft der Gurkenmann.

  6. Alex 13. März 2024 um 09:35 Uhr

    Und weil es sich in der Scheiße offensichtlich recht komfortabel sitzt, arbeitet der Verein eifrig daran, dass man immer tiefer reinrutscht:

    Im Auftragsblatt steht doch tatsächlich: “HSV sorgt sich um Privilegien der Ultras”

    Und nach reichlich bla bla folgt die Essenz:

    Unabhängig von dem, was die Polizei geplant hat, will der HSV keine Privilegien streichen. Geplant sind weder Materialverbote noch strengere Einlasskon­trollen. Auch der Zugang zu Räumen im Volkspark soll den Ultras erhalten bleiben, weil der Club eine positive Wirkung solcher Kollektivstrafen infrage stellt.

    Quelle: https://www.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article241873710/hsv-ultras-konflikt-polizei-verlieren-fans-ihre-privilegien-hamburg-schalke.html

    Denn sie wissen nicht, was sie tun … ENDE

  7. gordianus 13. März 2024 um 12:12 Uhr

    Moin Rudi,
    vielen Dank für die Hintergrundinfo. Dass es sich da um einen “running gag” handelt, war mir nämlich tatsächlich nicht bekannt.
    Die weiteren Firmen-Zusammenhänge des Herrn Kühne sind mir wohlbekannt und dank des hier im Blog vorherrschenden, zum Glück etwas höher angesiedelten Durchschnitts – IQ, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass hier noch jemand ernstgemeint vom “Gurkenmann” spricht.

    Ich persönlich empfinde die gesamte Entwicklung des KSV seit vielen, vielen Jahren als schockierend und kann viele Dinge einfach auch nicht mehr nachvollziehen.
    Grave hat in den letzten Jahren so oft die Formulierung bemüht:”…und wenn Du denkst, dass es nicht mehr schlimmer geht, dann…”, dass ich hier bei so mancher Enthüllungsstory oder neuen Erkenntnissen über die unglaublichen Verflechtungen beim KSV nur noch ungläubig mit dem Kopf schütteln kann.

    Ich hoffe wirklich inständig, dass die Zeit des Herrn Boldt beim KSV nun abgelaufen ist und sich irgendjemand findet, der genug “Cochones” mitbringt, um den Verein wirklich nachhaltig komplett neu aufzustellen.
    Und damit meine ich nicht die Änderung der Gesellschaftsform.

    • achim77 13. März 2024 um 14:29 Uhr

      Wer soll sich denn da finden, der dazu in der Lage wäre?
      Mir fiele lediglich Gandalf oder ein Berufskollege von ihm ein.
      Aber der Patient HSV übersteigt wohl auch die Fähigkeiten des besten Zauberers.

  8. Tim Struppel 13. März 2024 um 12:13 Uhr

    Ja, das denke ich mir auch schon eine Weile. Unter dem Gesichtspunkt, dass das Fußballgeschäft eine Art Karussell ist, auf dem man so lange wie möglich sitzen bleiben muss, um vielleicht später mal in den Rennwagen oder die Feuerwehr umsteigen zu können, wäre es zwar für die eigene Vita grandios als Aufsteiger gefeiert und verehrt zu werden – bei nüchterner Betrachtung weiß mal allerdings auch, dass dieser Glanz schnell verblasst, spielt man in der nächsten Saison nur um den Abstieg. Das kann man bei leidenschaftlichen Vereinen so machen, bei St. Pauli oder Union Berlin, Der Anspruch des HSV wäre natürlich (warum auch immer) in der 1. Liga zu bleiben um als Dino eine Art neue Kreidezeit einzuläuten. Für den eigenen Job wäre jedoch ein Abstieg im Folgejahr das ultimative aus. Und man wäre runter vom Karussell – also bleibt ein Plan zum jährlichen Fast-Aufstieg… das sichert definitiv den Job über mehrere Jahre und man kann sich ein gutes Netzwerk zu Spielerberatern und Management aufbauen, von denen man ggf. später einmal noch persönlich profitieren kann. Der Verein scheißt in dieser Zeit immerhin einiges an Geld aus, welches man für sich und unter die Leute bringen kann

  9. HorstRomes 13. März 2024 um 13:04 Uhr

    Sollte es zum Aufstieg reichen (mangels anderer Interessenten, die auch unten bleiben wollen wie Fürth und Paderborn, bei Holzbein Kiel bin ich unsicher), dann hat der große KSV neben seinen Langzeitverträgen auch noch mit seinem “Überheblichkeitsgen” zu kämpfen. Da werden dann Gegner wie Freiburg, Augsburg, Bochum, Union,… von oben herab betrachtet, die man ja sowieso schon besiegt hat. Die Liga 1 hat in den letzten Jahren riesige Schritte gemacht (siehe Probleme der Aufsteiger der letzten Jahre), so dass ein aktueller Aufstieg keinesfalls zu “Europa wir kommen” führen wird, jenes war von ein paar Jahren ein Tanzparent im Volkspark). Die Erwartungshaltung beim Verein und beim Volk wird riesig sein und der Sturz wird entsprechend hart werden. Daher, doch lieber Liga 2

  10. RickmanDrongel 13. März 2024 um 13:17 Uhr

    Sehr treffende Analyse des aktuell aussichtslosen Zustandes… Sollte der Aufstieg doch irgendwie gelingen, weil auch vieie Andere einfach nicht können, sitzt man in der Klemme weil es für die Elbdiven jede Menge Kloppe in der Bundesliga gibt.
    Gelingt der Aufstieg erwartungsgemäß nicht, und der FCSP schafft es, wird das der schwärzeste Tag im Leben vieler KSV Fans werden.
    Dazu kommt noch ein Trainer an, der plötzlich anscheinend so etwas wie Leistung fordert. Völlig ungewohnt.
    Keine lustige Zeit für die Truppe und das kaputte Konstrukt KSV.

  11. Sportjournalist Scholz 13. März 2024 um 15:18 Uhr

    Bis zum Term Rechtsformwechsel erwarte ich nur dezentes Pieksen, da sich viele noch Mehrheiten sichern wollen.
    Danach aber Feuer frei. Maroder Dampfer HSV lässt einige über die Planke gehen.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Unser Archiv