Um es gleich von Anfang an klarzustellen, dies soll keine Anklage oder Kritik an Stefan Kuntz sein, ich kenne seine Arbeit nicht und ich werde sie erst dann beurteilen, wenn man Resultate sieht. Aber mittlerweile müsste doch auch der Dümmste begriffen haben, dass bei diesem Verein inzwischen überhaupt nichts mehr stimmt. Der „Leiter der Nachwuchsabteilung“ turnt seit Monaten um die Damen-Nationalmannschaft herum, während im Campus, der während Hrubeschs Amtszeit bisher € 52 Mio. verschlungen hat, ein Talent nach dem anderen den Abflug macht (natürlich ablösefrei) und von der U12 bis U19 kein Trainer für die nächste Spielzeit feststeht. Der neue Vorstand Sport wird in den nächsten Wochen nicht wenig Zeit damit verbringen, sein profundes Wissen weniger dem notwendigen Umbruch der Versager-Truppe zu widmen, sondern sich als Experte rund um die EM zur Verfügung zu stellen. Es mag durchaus sein, dass für seine Aufgaben bei seinem Arbeitgeber KSV immer noch genügend Zeit bleibt, aber die Problematik, die da ist, sollte irgendwas nicht klappen, kann man nicht ignorieren. Jedesmal, wenn sich ein umworbener Spieler gegen den Verein entscheidet oder ein „Leistungsträger“ den Klub verlässt, wird irgendjemand um die Ecke kommen und sagen: „Wäre das wohl auch passiert, wenn Kuntz nicht die ganze Zeit um die Nagelsmann-Truppe rumtanzen würde?“. Mit anderen Worten: Man hat Baustelle eröffnet bzw. sich eine zweite geschaffen, die dem gesamten Verein vor die Füßen fallen kann bzw. wird, denn über eines sollte sich der Verein von der Müllverbrennungsanlage im Klaren sein: Honeymoon is over, die mediale Schonfrist, unter der sich Underperformer wie Walter und Boldt verkriechen und den Verein von innen verseuchen konnten, existiert weder für Baumgart(en) noch für Kuntz.  

Würde man es böse mit diesem Verein meinen (also so wie ich), dann könnte man den Eindruck erhalten, die machen das alles dort draußen im Volkspark nur noch zum Spaß, spielt doch am Ende keine Rolle, wohin die sportliche Reise geht. Nur, wenn bei den Kontrollgremien und den Führungspositionen bereits die notwendige Ernsthaftigkeit und Professionalität fehlt, wie will man síe dann von den Spielern einfordern? Wie will ich eine Leistungskultur implementieren, wenn ich teilweise selbst tagelang gar nicht vor Ort bin? Wenn sich die Spieler fragen: „Ist der Chef heute mal hier oder übt er Flanken mit den Mädels?“ Oder wenn ein Berater anruft und hören muss, dass der Ansprechpartner gerade im Trainingslager der Nationalmannschaft weilt und nicht erreichbar ist. Grundsätzlich, auch weil ich selbst mal gebolzt habe – Spieler suchen sich immer den einfachsten Weg, kaum einer macht mehr als er muss bzw. als das, was von ihm erwartet wird. Wenn Spieler oder eine ganze Mannschaft spüren, dass nicht so genau hingeguckt wird, ziehen sie zurück. Am Ende des Tages ist die Leistungsstärke einer Mannschaft auch immer ein Abbild von dem, was „von oben“ vorgelebt wird (siehe Bayern München z.B.) 

Wenn ich nun aber bereits zwei Führungspositionen mit Teilzeitkräften belegt habe, kann ich mir nicht nur vorstellen, was innerhalb des Vereins getan (und gesprochen) wird, auch die Betrachter von außen, Spieler, Berater etc. werden mit den Köpfen schütteln und sich fragen, ob er sich oder seinem Klienten ein derart unprofessionelles Umfeld antun möchte.